Nachdem man den langen und teueren Prozess durchlaufen hat, der einem die Greencard beschert hat und dann brav alle Formulare des Einbürgerungsantrags ausgefüllt hat, seinen “Englischtest” bestanden hat und dann auch noch schlüssig erklärt hat, warum man in den letzten 5 Jahren 7 mal in Deutschland, 3 mal in Mexiko und 5 mal in Australien war, ist man qualifiziert Amerikaner/in zu werden.  Dann kommt die Zeremonie zur Einbürgerung.

Die Einbürgerung hier im Silicon Valley ist ein Massenereignis, so ca. 400-500 Leute auf einmal werden eingebürgert, das passiert so ca. alle 4 Wochen und es gibt mindestens zwei Termine an dem Tag, also insgesamt so ca. 1000 Leute pro Monat in San Jose allein.

Einbürgerung

Selbst die “hübschen” Badelatschen meines Sohnes wären dem Anlass nicht angemessen

Man muss also am Tag recht früh los, um noch einen Parkplatz zu ergattern.  Und in der Regel zieht man sich was Ordentliches an, halt nicht gerade Shorts und Badelatschen.  Alles was besser als Jeans ist gilt in Silicon Valley ja schon als extrem ordentlich.

Einbürgerung

Erstmal Schlange stehen

Das Einbürgerung findet in einer Art Theater statt, aber bevor man reinkommt muss man erstmal Schlange stehen, die Einzubürgernden in der einen, die Besucher in der anderen.  Man steht eine Weile herum und unterhält sich mit den anderen, hört ihre Geschichten und warum sie beschlossen haben, Amerikaner zu werden.  Dann werden die Türen geöffnet und langsam bewegt sich die Menge vorwaerts.  Man wird ordentlich in reihe und Glied in die Sitzreihen hineinsortiert und bevor man hineingeht kommt der nervenaufreibendste Teil der ganze Sache: man muss die Grenada abgeben.  “Die Greencard” wollte ich damals schreien, “geht’s noch, dafür hab ich Jahre gearbeitet, die geb ich nicht her, bevor ich nicht den Einbürgerungs-Wisch in der Hand halte.” Aber es nützt nichts, die Greencard muss ausgehändigt werden.

Keine Einbürgerung ohne Reden

Dann kommen die Reden, verschiedene Leute erzählen uns, wie glücklich wir uns schätzen dürfen, jetzt Amerikaner zu werden.  Wir bekommen gesagt, dass wir unsere Bürgerpflicht der Wahl ernst nehmen sollen und wir uns gleich heute noch als Wähler registrieren lassen sollen (was ich natürlich auch getan hab).  Dann gab es eine Video von Obama, ziemlich der gleiche Inhalt aber ich bin froh, dass ich unter Obama Amerikanerin wurde, Trump könnte ich nicht so lange zuhören.

Der lustigste Teil ist, wenn die die Nationen, die eingebürgert werden aufgerufen werden, und die jeweiligen Leute aufstehen. Ich glaube wir waren zwei Deutsche, vielleicht war irgendwo noch ein dritter versteckt, den/die ich nicht gesehen habe.  Aber es geht in der Regel so: ein oder zwei Argentinier, Belgier, Armenier, etc. stehen auf.  Dann wird China aufgerufen und 100 Leute stehen auf.  Dann geht es weiter mit einem Franzosen, ein paar Engländern, vielleicht jemand aus Gabon und eben ich aus Germany.  Dann wird Indien aufgerufen und der 150 Leute stehen auf.  Dann einer aus Laos und zwei aus Israel und dann kommen wir zu M wie Mexiko und der halbe Saal steht auf.  Danach wird’s dünn, wenn Vietnam kommt gibt es nochmal ein Massenaufstehen, aber lang nicht so massiv – dann ist fertig, wenn nicht gerade jemand aus dem Yemen, Sambia (Zambia) oder Simbabwe (Zimbabwe) anwesend ist.

Anschliessend singt jemand die Nationalhymne – alle singen mit, Hand auf’s Herz.  Alle, ausser der Nigerianer neben mir und ich, wir singen nicht.  Wie bewegen noch nicht mal die Lippen.

Der Treueschwur

EinbürgerungDer schwierigste Teil für mich (und den Nigerianer neben mir) war dann der Schwur, der Pledge of Allegiance. Wir haben beide wieder die gleiche Strategie wie beim Singen gewählt: einfach nichts sagen.  Ich finde nicht, dass ich irgendjemand zum Treueschwur verpflichtet bin, ausser mir selbst und auf Gott schwör ich schon gleich gar nicht, als gute Atheistin.  Waffen zur Verteidigung werde ich schon gar nicht aus Verpflichtung tragen.  Wenn ich jemals Waffen tragen sollte, dann für die Seite, die ich für im Recht halte, nicht die, die mich per Schwur dazu zu verpflichten versucht.

Einbürgerung

Der pledge of allegiance – hier bei der Einbürgerung meines Mannes

Ehrlich gesagt kommen einem während der ganzen Zeremonie die meisten Zweifel, aber dann ist es irgendwie zu spät.

Danach ist dann auch schon bald fertig.  Man wird geordnet aus den Reihen herauslotst und bekommt bei Hinaustreten aus der Reihe seine Einbürgerungsurkunde ausgehändigt.  Das, muss ich sagen, hat gut geklappt.

Mit der in der Hand kann man dann auch gleich seinen Pass beantragen, jedenfalls wenn man daran gedacht hat zwei Passbilder mitzubringen.  Natürlich braucht man nur dann einen Pass, wenn man vor hat das Land zu verlassen – was die meisten dieser bunten Truppe früher oder später sicher tun – entsprechend lang ist die Schlange.

Man kann dann noch schnell ein Bild mit der Fahne machen und das auf Facebook hochladen bevor man hinauskomplimentiert wird, weil die nächsten 500 im Anmarsch sind und sich schon die Schlangen eingereiht haben.

So, und jetzt ist man Amerikaner mit allen Rechten und Pflichten, zu denen neuerdings auch gehört der Welt zu erklären, warum dieses Volk Trump zum Präsidenten gewählt hat und, dass man selbst komplett unschuldig ist and diesem riesengrossen historischen Faux Pas.

 

 

 

unten sitzen die Einzubürgernden, oben, auf den billigen Plätzen die Zuschauer.