gespaltenes LandManchmal mach ich bei den Twitter Umfragen mit. Natürlich weiss ich, dass die alle Unsinn sind, weil sie in der Regel keine repräsentativen Gruppen befragen. Aber von den Ergebnissen kann man trotzdem was lernen.

Hin und wieder tauchen Umfragen auf, die eindeutig von Trump-Fans gestartet wurden, da gibt es dann so Fragen wie  “Ist Trump der beste Präsident, den Amerika je hatte?” und die Antworten, die man anklicken kann sind:

  • Absolut
  • Ja, aber er sollte noch härter gegen Immigranten vorgehen
  • Nein, die Massenmedien haben mein Hirn schon so vernebelt, dass ich seine Größe nicht mehr erkennen kann

So einen Unsinn mach ich natürlich nicht mit. Dann gibt es  welche, die in die gleiche Richtung gehen, aber eine tatsächliche Alternative bieten, z.B. einfach “nein”. Da mach ich dann mit, einfach deshalb, weil sie von Liberalen weitergeleitet werden mit dem Aufruf: Zeigt den Idioten, wie die Mehrheit im Land wirklich denkt. Manchmal klick ich einfach nur was an, damit ich sehen, wie die Leute gewählt haben.

Hin und wieder lernt man sogar was von den Dingern, wenn es auch eine andere Lektion ist, als die, die geplant war. Neulich war wieder so ein Fall: man sollte dem Präsidenten eine Schulnote geben, von A, also 1 bis F, was “fail” also durchgefallen bedeutet. Natürlich klickte ich F und bekam ein interessantes und sehr aufschlussreiches Bild geboten: Mehr oder weniger die Hälfte hatte A und die andere F gestimmt. Das interessante waren nicht die Zahlen, 53%, 48% oder 41% für oder dagegen ist nicht aussagekräftig bei einer solchen nicht-repräsentativen Umfrage sondern die Tatsache, dass es keine Mitte gab. Praktisch niemand hatte Trump eine zwei oder eine 4 plus gegeben, es war entweder “super” oder “völlige Scheisse”. 

Das zeigte sehr deutlich, was wir jetzt jeden Tag beobachten können: dies ist ein gespaltenes Land und es scheinen keine Kompromisse mehr möglich zu sein, Grautöne gibt es nicht mehr.

Das ist eine gefährliche Situation. Das erste was mir dazu einfiel war die Teilung des indischen Subkontinents in Indien und Pakistan 1947, nachdem die Streitigkeiten zwischen Hindus und Muslims solche Ausmasse angenommen hatten, dass eine gemeinsame Zukunft in einem Staat nicht mehr möglich war.

Geht es in den USA in diese Richtung?
gespaltenes Land

Die USA sind ein zutiefst gespaltenes Land, Miteinander zwischen den Anhängern der politischen Parteien gibt es praktisch nicht mehr.

Was auf den ersten Blick wie eine Übertreibung aussehen mag, scheint mir immer weniger weit hergeholt. Wenn Menschen keinerlei Gemeinsames mehr sehen oder sehen wollen, wenn Menschen, die eine andere Meinung haben von vorne herein abgelehnt werden, wenn man sie nicht ein mal kennen lernen will, wenn ein grosser Prozentsatz sagt, dass sie niemals eine Beziehung mit einem Menschen eingehen könnten, der/die auf der anderen Seite des politischen Spektrums steht, wenn zumindest eine Seite unverblümt darüber spricht, dass man mit Waffengewalt gegen die andere Seite vorgehen wird, wenn es nötig sein sollte, um die Präsidentschaft zu verteidigen – wo ist dann noch der Unterschied zu Hindus und Muslimen, die nicht friedlich zusammenleben konnte, weil sie zum Thema Gott eine andere Meinung haben? 

Die Linie ist gezogen, wer nicht für mich ist ist gegen mich und die Idee des unabhängigen Wechselwählers wird immer absurder. Wer jetzt noch nicht weiss, wo er/sie steht, hat wohl keinen Standpunkt.

Ich nehme mich von der Polarisierung überhaupt nicht aus. Ich kann mir mittlerweile nicht mehr vorstellen, Freunde zu haben, die Trump unterstützen. Die Idee, dass ein Demokrat mit einem Trumpwähler verheiratet sein kann ist geradezu lachhaft. Das einzige was mir dazu einfällt ist: Scheidung. 

Dir Fronten verhärten sich zusehends und damit wird die Zukunft des Landes immer fragwürdiger. Was wenn die Demokraten tatsächlich im November die Mehrheit im Kongress bekommen und ein Amtsenthebungsverfahren einleiten, kommt es dann zum Bürgerkrieg? Was wenn Trump in 2020 wieder antritt und verliert, spielen seine Anhänger dann verrückt? Wie kann, wer auch immer nachkommt, ein so gespaltenes Land wieder einigen. Wer auch immer die nächste Wahl gewinnt, ca. 50% der Bevölkerung wird ihn oder sie für nicht legitim halten und selbst wenn das Wahlergebnis mehr als deutlich ausfällt wird die andere Seite tun was sie kann, um Sand ins Getriebe zu werfen. Schon aus Prinzip. 

Mit Obama ging es los, dem wurden ja von Anfang an nur Steine in den Weg gelegt. Die Demokraten sind traditionell weniger auf Konfrontation und mehr auf Zusammenarbeit aus, aber auch bei uns wird der Ton immer kompromissloser. Nach der Wahl war noch davon die Rede, dass man Trumpwähler verstehen muss und überzeugen kann, sozusagen auf den rechten Weg zurückführen kann. Mittlerweile ist der Ton auch rauher geworden, verstehen kann und will keiner mehr, die Hoffnung einen guten Prozentsatz zu überzeugen ist schon lange aufgegeben worden. Jetzt geht es in erster Linie darum, mehr eigene Wähler zum Wählen zu mobilisieren und vielleicht ein paar von Linksaussen, also Grüne wie Jill Stein-Wähler, abzuschöpfen (was allerdings auch eine eitle Hoffnung ist).

Es klingt mal wieder fatalistisch, aber die Zukunft sieht für ein so gespaltenes Land nicht gut aus. Man kann sich eigentlich nur Horrorszenarien vorstellen, unter denen die Menschen sozusagen posttraumatisch wieder zusammenfinden. Anders kann zumindest ich mir nicht mehr vorstellen, wie das noch funktionieren soll.