Man lernt ja nie aus und so hab ich neulich den für mich neuen Begriff “ghosting” gelernt. Normalerweise beschäftige ich mich wenig mit den Beziehungsproblemen von Millennials – und da würde ich das mit dem ghosting ansiedeln. Aber dann ist mir was ähnliches passiert – berufliches ghosting, sozusagen.

ghosting

So fühlt man sich, wenn man geghostet wird. Allerdings ist das Telefon in diesem Bild schon etwas veraltet.

Erstmal “ghosting” – kommt natürlich von “ghost” also Geist – und wir verwendet, um folgendes Verhalten zu beschreiben:

Junge triff Mädel (Mädel trifft Junge geht auch) und man versteht sich gut, man hat ein Date oder auch zwei, vielleicht sogar Sex und alles ist wunderbar. Man versteht sich immer noch gut und es fühlt sich nach mehr an. Vielleicht sogar was Ernstes. Und dann, plötzlich, ohne Vorwarnung und ohne ersichtlichen Grund, bricht einer von beiden einfach alle Kommunikation ab. Anrufe bleiben unbeantwortet, Emails auch (obwohl, Millennials schicken eh kaum Emails, das ist was für alte Leute wie mich), kein Text, WhatsApp, Facebook, Snapchat mehr. Einfach Funkstille.

Das Konzept von ghosting gibt es schon lange, zu allen Zeiten gab es Schufte (vielleicht auch Schuftinnen), die einfach verschwunden sind aber ghosting wird heutzutage mehr und mehr zu Tagesordnung. Über die Gründe kann man sicher Bücher oder zumindest längere Abhandlungen schreiben. Der Verlust echter, tiefer Beziehungen und die damit einhergehende Wertschätzung im Zeitalter der schnellen Online Beziehungen ist eine mögliche Erklärung, natürlich auch die Tatsache, dass, wenn es genug tun, es dann irgendwann normal wird. Wenn es einem selber passiert ist man eher bereit es auch anderen anzutun. Ich möchte das hier jetzt nicht tiefenpsychologisch analysieren, aber man muss kein Psychologe sein, um zu verstehen, dass das gerne für Leute mit einem ohnehin angeknacksten Selbstbewusstsein verheerendes Folgen haben kann. Man wünscht sich schon fast in die gute alte Zeit zurück, wo Leute noch per Text Schluß gemacht haben. 

Ghosting gibt es auch unter Freuden. Find ich fast noch schlimmer. 

Gibt es sowas wir berufliches Ghosting?
ghosting

So schick sah mein Angebot nicht aus, aber ghosting hat es trotzdem nicht verdient.

Ich schreib ja wieder mehr und möchte versuchen, dass so weit auszubauen, dass ich genug Geld verdiene damit es sich lohnt. Ob das eine gute oder eine saublöde Idee ist möchte ich jetzt nicht diskutieren, vor allem deswegen, weil ich selbst befürchte, dass es, sagen wir mal, nicht die beste Idee ist, die ich je hatte.

Um mein Portfolio auszubauen und was zum Einschicken zu haben, wenn mich potentielle Kunden fragen, was ich denn neulich so geschrieben habe, habe ich mich bei zwei dieser Freelancer Seiten angemeldet. Da werden Leute wie ich mit Kunden in Kontakt gebracht, die einen Job gemacht brauchen: schreiben, Logo designen, programmieren, etc. Schreiben tu ich, vom Rest lass ich die Finger. 

Ich hab ein paar Jobs erledigt, kleinere Sachen aber nicht uninteressant. Neulich hab ich mich wieder auf einen Job beworben: jemand wollte eine Zusammenfassung für potentielle Investoren von seiner neuen Firma in einem der Biotechnologie angrenzenden Gebiet. “Kann ich” dachte ich mir. Hab mich beworben, mit dem Kunden hin und her geschrieben. Er fand mich gut, sprach von längerfristiger Zusammenarbeit, von gemeinsamen Präsentationen für Investoren. Wir sprachen am Telefon, oder eher, er sprach, ich hörte zu. Fand es immer noch interessant. Also hab ich ein Angebot zusammengeschrieben, er rief mich wieder an, redete 1 1/2 Stunden und ich sagte immer wieder “Okay”, “aha”, “hmm” oder dergleichen. Ich schrieb das Angebot nochmal um, weil er ein paar Änderungen wollte und habs geschickt.

Vor einer Woche.

Seither: nichts. 

Zwei freundliche Emails, “hallo, wie gehts … wollte mal hören … noch Fragen … Wann kann es losgehen ? …

Nichts!

Also wenn das kein berufliches Ghosting ist, weiss ich nicht was. Es nervt, ich hab Zeit damit verbracht das zusammenzuschreiben. Mein Ego ficht es nicht an, aber was im persönlichen Bereich Scheiße und inakzeptable ist, find ich im beruflichen Bereich noch inakzeptabler. 

Na ja, wenn er so ist, wird das eh nix mit der Firma.

 

 

 

Kann auch unter Freunden passieren.