Placerville

Statt Autos gibt es einmal im Jahr Stände mit schönen alten Dingen bei der Placerville Antique Fair

Zum zweiten Mal habe ich dieses Jahr an der Placerville Antique Fair teilgenommen. Eine Freundin hat mich letztes Jahr überredet und da es mir Spass gemacht hat, hab ich mich auch dieses Jahr wieder angemeldet, obwohl sie nicht dabei sein konnte. Es war ein interessantes Erlebnis.

Placerville liegt in den Sierra Foothills, also im Vorgebirge der Sierra Nevada. Für mich ist diese Gegend das typische, ursprüngliche Kalifornien: Hügel, aber die Berge der Sierra sieht man schon im der Ferne, es riecht nach Nadelwald mit Untertönen von Eukalyptus, die Städtchen sind klein under verdienen ihr Geld damit historisch zu sein (was hier bedeutet mindestens ein Gebäude aus dem späten 19. Jahrhundert zu haben) und Goldgräber-Charm zu versprühen. Holzfällerhemden werden verkauft, Antikläden laden zum Stöbern ein und irgendeiner bietet immer Goldwaschen an. In den letzten Jahrzehnten sind Weingüter zum Probieren und Kaufen dazugekommen, sowie jede Menge Restaurants. Es ist fast schon ein bisschen zu klischeehaft “Goldgräber-Flair” in vielen der Foothills-Städtchen, aber es gefällt mir immer noch, es hat etwas Friedliches dort und das Licht am Abend ist wunderschön. 

Einmal im Jahr gibt es in Placerville eben jene besagte Antique Fair. Die Hauptstrasse wird gesperrt und rechts und links bauen hauptsächlich professionelle Händler aber eben auch Leute wie ich ihre Stände auf und verkaufen alles von rostigen Nägel über alten Modeschmuck, Spielzeug bis hin zu Zinkbadewannen jede Menge Dinge, die schön und alt und oft auch recht nutzlos sind.

Placerville

Teetassen und andere schöne alte Dinge (kein Kram oder Gerümpel!)

Für mich ist es schön, mal aus dem Silicon Valley High-Tech Umfeld rauszukommen, Leute zu treffen, deren größtes Problem nicht ist, ob sie sich einen BMW oder einen Lexus kaufen und die nicht ständig über die letzte coole Technologie reden und über all die wichtigen Dinge, die sie täglich im Büro tun. Man trifft einen anderen Menschenschlag. Neben mir war jetzt zum zweiten Mal ein älteres Paar. Sie möbeln ihre kleine Rente mit dem Verkauf von selbst gemachten Dingen auf. Sie macht aus alten Fensterrähmen und Draht Wandschmuck an dem man Bilder und Notizen festklammern kann, aus alten Türknäufen und Draht werden Bilderhalter und alte Kerzenständer bekommen einen weissen Anstrich und sehen so sauber aber eben auch “antiquey” aus, wie mein Sohn es etwas abfallend nennt.

Für ein Paar so um die 70 ist dass mit den Antique Fairs echte Knochenarbeit, sie kommen aus Sacramento und stehen, um das Geld fürs Motel zu sparen, zu einer unheiligen Stunde auf, fahren nach Placerville und bauen auf: Tische schleppen, Zeltdach aufstellen, Kartons herumwuchten, 100 mal bücken und dann den ganzen Tag verkaufen und abends das Ganze zurück. Sie waren zufrieden gestern Abend, als alles vorbei war, der Tag hat sich gelohnt und die Haushaltskasse ist etwas aufgebessert. 

Auf der anderen Seite war auch ein Paar, die grössere Dinge verkauft haben, alte Zinkwannen zum Beispiel, der Kleinlaster sah schon reichlich heruntergekommen aus aber auch sie schienen Spass an der Sache zu haben und das ein oder andere Stück ist im Laufe des Tages verkauft worden. Am Schluß hat er dann noch meinen Feuerwehrhelm für seine Sammlung gekauft. Freut mich immer, wenn eines meiner Stücke ein gutes Zuhause findet, ein Platz wo es geschätzt wird.

Das ist das Schöne and solchen Märkten, man trifft haufenweise Leute, die alte Dinge zu schätzen wissen, die gerne hübsche Sammeltassen benützen oder altes Werkzeug, weil es vie besser ist, ewig hält und nicht so ein Schrott ist wie das Zeug aus China. Viele kommen und sagen Dinge wie “ich darf eigentlich gar nichts mehr kaufen, das Haus ist voll, aber das Täschen/Backförmchen/der Kuchenheber ist so süss, den muß ich haben. Ich versteh das. Klar will heutzutage jeder weniger haben, das durchorganisierte “weniger ist mehr” ist voll im Trend. Entrümpeln, entmisten, sich trennen ist angesagt. Sammeln ist out und die, die viele Dinge haben gelten schnell als materialistisch und unorganisiert. Dabei geht es nicht um Materialismus. Sich eine Sammeltasse oder Blumenvase zu kaufen, weil sie schön ist, ist etwas total anderes als sich ein Statussymbol zum Angeben zu kaufen oder den letzten Schrei unter den Küchengeräten, das jeder hat, man aber eben nur kauft, weil es jeder hat und man es deshalb will, nicht weil man es braucht. Von sowas muss ich mich nicht trennen, das kauf ich gar nicht erst.

Mit einem alten Teil kauft man auch etwas Geschichte, zeigt Wertschätzung für gute Arbeit und gute Materialien, Dinge, die man heutzutage oft nur noch für sehr viel Geld bekommt. Auch Individualismus zeigt sich dadurch, dass man geschliffene Gläser vom Antikmarkt nimmt, anstatt die IKEA Dinger, die jeder hat. Auch wenn die IKEA Dinger praktischer sind.

Ich jedenfalls, fühle mich auf solchen Märkten immer sofort sauwohl, da ist meine Art von Menschen versammelt (über Politik reden ich an solchen Tagen nicht, passt nicht und würde die Illusion von “meine Art von Menschen” vermutlich nachhaltig zerstören).

Nach sieben Stunden verkaufen, die verflogen sind wie nichts, sind wir zufrieden aber müde nach Hause. Ich habe jede Menge Teetassen verkauft und auch sonst recht viel Porzellan, was mein Ziel war. Auch sonst lief es gut und die Einnahmen sind bei Silicon Valley Standards zwar nichts besonders, aber finde ich, können sich echt sehen lassen.

Bin schon am schauen, ob es irgendwo in der Nähe in der nächsten Zeit noch einen Markt gibt, jetzt, wo schon alles gepackt ist.