racial profiling

Racial Profiling, Bild: www.thejuryexpert.com/2009/01/ethical-issues-in-racial-profiling/

Heute wage ich mich ein an schwieriges und kontroverses Thema, dass hier in den USA schon lange immer wieder im Mittelpunkt von hitzigen Diskussionen steht aber in Deutschland jetzt auch Schlagzeilen macht: Racial Profiling.  Ich habe bislang noch keine wirklich gute Übersetzung für diesen Ausdruck ins Deutsche gefunden.  Ich habe “Kontrolle nach Ethnien” gelesen, finde das aber einen ziemlich umständlichen Ausdruck, also bleibe ich bei racial profiling.

Als erstes hab ich mich mal vertrauensvoll der Webseite der ACLU zugewandt.  Die American Civil Liberties Union geniesst unter uns Liberaleren einen guten Ruf als kompetente Verfechterin der Rechte Einzelner.  Ihre Mission ist die Erhaltung der Rechte und Freiheiten Einzelner, wie sie in der Konstitution garantiert sind.  Die ACLU widmet racial profiling eine ziemlich lange Abhandlung die hier nachgelesen werden kann (in englisch).

Racial Profiling Definition

Bei racial profiling um die Praxis der Polizei Leute aufgrund ihre Herkunft, Hautfarbe, Religion oder Ethnizitaet zu diskriminieren.  (Merkwürdigerweise fehlt hier “Geschlecht” so als ob es nie die systematische Diskriminierung von Frauen gegeben hätte.  Aber das ist eine andere Diskussion.) Racial profiling ist also zum Beispiel speziell schwarze Fahrer anzuhalten und sie zu überprüfen.  Dass das in den USA gemacht wird und dabei schon viel zu häufig Unschuldige ums Leben kamen kann kaum bestritten werden.  Racial profiling kann auch Untätigkeit der Polizei sein, z.B. wenn sie nichts tun, wenn sich ein Latino über die Angriffe von Weissen beschwert und keine Hilfe geleistet wird.

Soweit so gut, dass sind vernünftige Regelungen, denn wenn die Polizei einfach bestimmt Gruppen bevorzugt überprüfen/kontrollieren könnte und andere in Ruhe lässt sind wir bald wieder, wo wir schon mal waren und nie wieder sein wollen.  In vielen Situationen ist racial profiling wirklich nur Willkür und hat viel mit Vorurteilen und Antipathien Einzelner oder von Gruppen in der Polizei zu tun.  Es gibt wirklich keinen Grund, z.B. bei einer Verkehrskontrolle nur Schwarze/Braune/Asiaten zu überprüfen, man sollte die überprüfen, die zu schnell, zu unsicher, ohne Licht im Dunkeln, mit einer verkehrsuntauglichen Schrottmühle, in Schlangenlinien, etc fahren.  So findet man die eigentlichen Schuldigen nicht dadurch, dass man auf einer bestimmten Gruppe herumhackt. So gibt es viele Situationen.

wo fängt racial profiling an?

Hier ist das Problem: es gibt allerdings Situationen wo racial profiling funktioniert. Nicht viele aber es gibt sie, Köln in der Silvesternacht ist so ein Beispiel. Basierend auf den Erfahrungen des letzten Jahres und auch auf der Information, die der Polizei aus den sozialen Medien zur Verfügung stand, nämlich dass grosse Mengen an Männer nordafrikanischer Herkunft auch dieses Jahr wieder zum Kölner HBH strömen wollen blieb der Polizei, wollte sie effektiv sein, eigentlich nur eine Wahl: sich bei den Kontrollen auf Männer nordafrikanischer Herkunft zu konzentrieren.  Das macht Sinn, das ist logisch, denn es gibt sozusagen einen Anfangsverdacht basierend auf den Erfahrungen des letzten Jahres.  Was hätte die Polizei auch sonst tun sollen?

Beispiel Fussball Hooligans

Das Beispiel von Leuten, die die Polizei unterstützen, das ich immer wieder gelesen habe ist das von Fussball Hooligans, die ja auch gezielt überwacht werden.  Es hinkt, denn Fussball Hooligans sind ja keine ethnische Gruppe sondern eine bunt zusammengewürfelte Gruppe, die eins verbindet: dass sie fanatische Fußballfans sind und gewaltbereit.  Dass sie gewaltbereit sind weiss man, basierend auf Erfahrungen früherer Spiele.  Ob sie an einem bestimmten Tag bei einem bestimmten Spiel wieder gewalttätig werden weiss man nicht aber idealerweise möchte man vorbereitet sein, wenn es wieder passiert.  Also verschärft man die Kontrollen und zwar nicht die Kontrollen polnischer Großmütter oder deutscher Zahnärzte, die zufällig in der Gegend sind, sondern Kontrollen von Gruppen, die mit den entsprechend farbigen Klamotten ausgestattet Fussballparolen von sich gebend dem Station zustreben.  Macht Sinn, ist logisch, oder?

Die Silvesternacht in Köln ist ähnlich, der Unterschied: statt Fullballfans (in Deutschland wohl meist Deutsche) sind es Leute, die nicht ihr “Hobby” (gewaltbereiter Fussballfanatismus kann nur in Anführungszeichen als Hobby bezeichnet werden) sondern ihre Herkunft aus einer bestimmten Region verbindet. Es fällt mir schwer da einen fundamentalen Unterschied zu sehen.  Was noch dazukommt ist die Tatsache, dass die entsprechenden Leute sich ja dafür entschieden haben dort zu sein.  Würde man bekannte Hooligans, die am Spieltag 100 Km vom Austragungsort entfernt mit Freunden vor der Glotze sitzen, überprüfen wäre das ein Problem.  Würde man nordafrikanische Männer, die in Konstanz um Mitternacht in einer Kneipe ein Viertele trinken kontrollieren wäre das auch ein Problem.  Aber Hooligans auf dem Weg zum Spiel oder Nordafrikaner auf dem Weg nach Köln – wenn allen bekannt ist, was in der Vergangenheit passiert ist?  Das kann man racial profiling nennen oder auch auf Erfahrungen basierende Polizeiarbeit.

Die Dünne Linie

Das Problem ist es, wie so häufig, die dünne und sehr leicht zu übersehende Linie zu finden, die nicht zu rechtfertigendes racial profiling, dass nur auf Rasse/Ethnizität und auf keinen anderen Kriterien beruht, trennt von Kontrollen basierend auf Erfahrungen.  Es ist extrem schwer, diese Linie zu definieren und so muss man wachsam bleiben und sich jedesmal fragen, ob sie überschritten wurde oder droht überschritten zu werden.  In diesem Licht, ist die Diskussion, die in Deutschland gerade geführt wird gut und notwendig.

Meine persönliche Meinung ist, dass die Linie diesmal noch nicht überschritten wurde, dass die Polizei recht hatte so zu handeln, wie sie gehandelt hat und zwar unabhängig von irgendwelchen “der Zweck heiligt die Mittel” Argumenten.  Dass es sehr einfach ist, die Linie zu überschreiten sehen wir hier in den USA mittlerweile mit erschreckender  Regelmäßigkeit, wenn wieder ein Schwarzer, der angehalten wurde weil er schwarz ist, von einem Polizisten getötet wird und der Polizist entweder nie angeklagt oder freigesprochen wird.

In dem Sinne: diskutiert weiter in Deutschland.  Auch wenn manche der Positionen, die jetzt von Grünen oder Linken Politikern vertreten werden übertrieben erscheinen, es ist gut diese Meinungen zu hören und selbst aufmerksam zu bleiben.

Die Linie ist dünn!