Eine Konstanzerin in Kalifornien

Raststätte und Wandern

Raststätte und Wandern

Der Hegau, schön zum Wandern, und nicht zu anstrengend

Jasi und ich sind Freundinnen seit wir in der 6. Klasse waren.  Das ist jetzt schon ein paar Jährchen her.  Früher haben wir gemeinsam irgendwelchen Jungs hinterher geschmachtet, sind über den Bodanrück wie die Wilden mit Fahrrad gefahren, sind Tanzen gegangen oder trinken in Kneipen, die es schon lange nicht mehr gibt, und dergleichen unternehmungslustige Dinge mehr.  Heutzutage gehen wir oft zusammen wandern (und fahhradfahren, aber nur wenn’s warm ist). Gestern war es mal wieder soweit.

Der Plan war einen der Hegauberge zu erwandern, Hohentwiel und Hohen Krähen hatten wir schon gemacht, aber den Hohenstoffel noch nicht.  Solche Aktionen müssen wohl geplant sein: Butterbrezeln, viel Wasser, Schokolade für mich, Knabberwürstchen für Jasi, Wanderkarte, Kamera mit Ersatzbatterie, warme Jacke, leichte Jacke – bis wir endlich auf der Autobahn waren, waren wir schon wieder erschöpft und vor allem: Jasi brauchte eine Zigarettenpause (seit vielen Jahren versuche ich ihr diese schlechte Angewohnheit zu verleiden, bislang ohne Erfolg.)

Die erste Raststätte auf der Autobahn, die technisch glaube ich, noch gar keine Autobahn ist sondern die B33, die man benutzt, um zur A81 Singen Stuttgart zu kommen, hatte noch keine von uns je angefahren. Warum auch, entweder ist man gerade losgefahren oder fast schon da wo man hinwill, da hält man nicht mehr an. Gestern war es dann soweit “Ich war noch nie auf der Raststätte Brandbühl!” vernahm ich kurz nachdem sie auf 120 beschleunigt hatte. “Da wollte ich immer schon mal hin.”

“”Quatsch” sagte ich “niemand will jemals auf Autobahnraststätten, du willst nur Rauchen.”

“Stimmt” meinte sie und bei soviel entwaffnender Offenheit kann man sich dann ja auch nicht blöd anstellen und so fuhren wir Brandbühl unter dem Vorwand, uns jetzt mal diese heimischste aller Autobahnraststätten gründlich anzusehen, an. Ich fand, dass man das ganz gut auch vom Beifahrersitz aus erledigen kann, bis ich einen dringenden Ruf hörte.

“Komm mal her!” Jasi stand bei den Mülltonnen, die ganz speziell für Reiseabfälle ausgezeichnet waren und mit Zeichnungen von Bananenschalen und Plastikflaschen versehen waren. “Schau mal” sagte sie und zeigte in die Mülltonne. Ich hab eine unglaublich sensible Nase und mache in der Regel um Müllbehälter aller Art einen weiten Bogen. Aber gut.

In der Mülltonne für Reiseabfälle lagen: eine Sammlung alter Bilderrahmen, mehrere Plastiksäcke mit Gartenmöbelpolstern, zwei Kisten Hausrat, einschliesslich eines vergoldeten und unbenützten Solingen Tortenhebers (Design: Hildesheimer Rose, kenn ich mittlerweile), ein Monchichi sowie jede Menge anderer Dinge, die ich nicht erkennen konnte aber gar nichts mit Bananenschalen zu tun hatten. Am meisten nervte mich eine ganze Kisten mit Glühbirne, dieser Tage Leuchtmittel genannt, die man speziell entsorgen muss und nicht einfach in den Müll und schon gar nicht in den Reisemüll werfen soll.

Ich scheine dieser Tage vom Thema Müll nicht wegzukommen.  Erst die Leuchten mit eingebautem Leuchtmittel und jetzt wild weggeschmisser Müll wie damals in den 70er Jahren, wo man noch die kleinen Mülleimer hatte und die Leute zu geizig waren zusätzliche Mülltüten zu kaufen und den Müll einfach in Gegend warfen.

Nach diesem Erlebnis, okay ich gestehe, den Tortenheber und den passenden Löffel hab ich mitgenommen, gingen wir dann – fast – wandern.  Erst war noch ein absolut rein zufällig entdeckter Flohmarkt in Hiltzigen zu besuchen. Aber dann ging es ans Wandern und ans Butterbrezeln und Minisalamis essen und dann zurück auf der Autobahn Richtung Konstanz.

Eine Raststätte ist nicht genug

“Du” sagte ich “sollten wir nicht die andere Seite von Brandbühl auch noch anschauen? Wenn man nur so eine Seite der Raststätte sieht ist das auch nichts Ganzes. Und ausserdem möchte ich jetzt schon wissen, ob die Glühbirnen-Idioten auch hier Müll abgelagert haben.” “Da hast du Recht” war die Antwort und so fuhren wir die zweite Hälfte der heimischsten aller Autobahnraststätten an.

Wieder spähte ich mit angehaltenem Atem in die Reiseabfalltonnen und sah auf den ersten Blick: mindestens drei Desktop-Computer, eine Tasche mit Klamotten und Schuhen und jede Menge anderer Elektroschrott.  Soviel ich weiss, kann man den bei jedem Händler angeben. Unentgeltlich! Warum also auf eine Autobahnraststätte fahren und ihn da in die Reisemülltonne mit Bananenverzierung geben?  Wie blöd und umweltschweinisch kann man eigentlich sein?

Jasi rauchte noch ein bisschen (klar, die Pause nützte sie wieder) und in der Zeit fuhr schnittig ein VW Golf mit Stuttgarter Kennzeichen auf den Parkplatz, hielt direkt bei den Mülltonnen und fing an auszuladen: ein 2 kg Sack Kartoffeln, eine Dreier-Packung bunte Paprika, eine Packung Milch, abgepackt Salatherzen, alles original verpackt und in gutem Zustand.

Nein, wir haben es nicht mitgenommen, es war ja schon in der Reisemülltonne gelegen, aber der junge schnittige Stuttgarter hätte das alles gut noch jemand geben können, wenn er schon keine Paprika und keinen Salat mag.  Warum auf eine Autobahnraststätte fahren und alles wegwerfen? Auf den Elektroschrott des Umweltschweins drauf?

Wie gesagt, ich scheine vom Thema Müll nicht loszukommen und ich musste auch mal wieder an den guten alten Spruch denken “I love humankind but I hate people*”.  Das war so ein “I hate people” Moment.

Die Hildesheimer Rose nehme ich mit nach Kalifornien, die werd ich, gut gereinigt, am nächsten Antikmarkt sicher los.

(* Ich liebe die Menschheit aber hasse die Menschen)

 

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2 Comments

  1. Eric

    Weißt Du, Tina, diesbezüglich habe ich bereits resigniert.
    Ölkanister, Autoreifen und sonstige Teile, die man loswerden möchte, habe ich schon am Waldrand gefunden. Leute die so etwas machen, sind keine Menschen für mich, nicht mal Schweine, damit würde man diesen schlauen Tieren Unrecht tun. Das sind schlicht und einfach dumme Idioten! (sorry für die Wortwahl…)

    • Californiagirl

      Schon traurig aber Du hast wahrscheinlich recht, aufregen bringt ohnehin nichts – aber es ist halt so total unverständlich!

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