Lipari

Schoenes, geruhsames Lipari. Bildquelle

Ich hab mal wieder eine Trump-Pause eingelegt, jedenfalls fast, muss auch mal sein, wenn man nicht verrückt werden will. Aber so ganz gelingt es dann doch nicht, weil man, egal wo man hinkommt, gefragt wird, ob man denn als Ami für Trump sei, auch auf kleinen italienischen Inseln wie Lipari.

Wir waren eine Woche auf Lipari, die größte der Äolischen Inseln ein bisschen nördlich von Milazzo in Sizilien. Mein Mann hat behauptet, dass es dort nie mehr als 25 Grad hat, wegen Lage, Wind und Ozean und so.  Das stimmt vielleicht in anderen Jahren, aber dieses Jahr hatten wir eher so 33 Grad, vor allem wegen des Scirocco, der aus der Sahara herüberblies.

Davon mal abgesehen war es sehr schön dort, sehr übersichtlich und wegen der Abgelegenheit der Inseln auch nicht überlaufen.  Vor allem die von mir gefürchteten Reisegruppen, die einem regenschirmschwingenden Führer folgend, alles verstopfen und in den Touristenzentren Italiens in Dreierreihen vor allen Sehenswürdigkeiten stehen, den Blick verstellen und die Stimmung verderben, gab es nicht.  Die Touristen waren meist Italiener, natürlich gibt es immer und überall Deutsche, ein paar Schweizer, ein paar Holländer und ein paar verirrte Amerikaner (ausser uns).

Lipari, klein aber fein

Lipari kann man in ca. 40 km fast ganz umfahren, was wir auch gemacht haben, und zwar mit einem Roller.  Mal davon abgesehen, dass meiner kein Reifenprofil mehr hatte und bei jeder Längsrille auf der Strasse weggerutscht ist, war das super.  Ich möchte jetzt gerne einen Roller haben, nur dass Roller-Fahren im Silicon Valley so ziemlich einem Selbstmord-Kommando gleichkommt. Also wird das wohl doch nichts.

Lipari

Stromboli. Leider krieg ich meine Bilder gerade nicht von der Karte runter, deshalb welche vom Internet. Bildquelle

Der eigentliche Grund unseres Besuches war Stromboli, der aktive Vulkan auf der gleichnamigen Insel, die von Lipari aus mit einem Katamaran in etwa einer Stunde zu erreichen ist.  Wenn Lipari überschaubar ist, dann ist Stromboli sehr, sehr überschaubar.  Ein kleines Städtchen an den Rand des Vulkanfusses gedrängt, eine Kirche mit einem schönen Vorplatz etwas erhöht und sonst ist die gesamte Insel von Stromboli beherrscht, sowohl was die Sicht, als auch was die Wirtschaft angeht.  Hierher kommt man um sich die 900 und ein paar zerquetschte Höhenmeter hinaufzuschleppen und von oben in den Krater des regelmäßig feuerspeienden Vulkans zu sehen. Dazu braucht man Wanderschuhe, Gamaschen, Stirnlampen und Helme – kurz Ausrüstung, die der durchschnittliche Italienurlauber nicht im Handgepäck mitführt und die man sich dort in mehreren Läden ausleihen kann.  Ausserdem braucht man Wasser und Snacks, die man an Büdchen erwerben kann. Einen Fuehrer braucht man auch, allein darf man nur bis ca. 400 Meter aufsteigen. Nach getaner Arbeit will man Essen und Schlafen – dafür gibt es Restaurants und Hotels.  Am nächsten morgen kann man am Strand ein paar Liegestühle mieten und ohne das geringste schlechte Gewissen faul sein. Viel mehr als Trekking-Fuehrer, Ausrüstungsverleiher, Hotels, Restaurants, Büdchen und Sonnenschirm-Verleiher gibt es auf Stromboli nicht.

Als wir am frühen Nachmittag ankamen, habe ich besorgt den feuerspeienden Riesen beäugt.  900 Höhenmeter sind kein Pappenstiel, vor allem nicht mit ewig schmerzender Hüfte, aber ich war nun mal von Sunnyvale nach San Francisco gefahren, von da nach Zurich geflogen, dann nach Kostanz und wieder zurück nach Zurich, von dort nach Rom geflogen und dann bei brütender Hitze weiter nach Catania, von Catania mit dem Bus nach Milazzo und dem Katamaran nach Lipari und einem anderen Kat nach Stromboli, in dem mir kotzübel wurde – wer so weit angereist ist dreht nicht wegen 900 Höhenmeter um.

Lipari

ungefähr so haben wir ihn auch gesehen. Bildquelle

Der Aufstieg began um 17:30 Uhr, da war es zum Glück temperatur-mäßig erträglich und ausserdem will man die Feuerspuckerei ja gegen den dunklen Nachhimmel sehen. Es dauerte ca. 3 Stunden bis wir oben war, mit mehreren Pausen angeführt von einem Typen, der nicht ein Gramm Fett am Körper hat und nach eigenen Angaben jeden Tag auf den Stromboli hochgeht, manchmal auch zweimal, und fröhlich plaudernd voranmarschierte während der Rest sich mehr schlecht als recht durch den knöcheltiefen Sand ein Fuss vor den anderen setzend hochschleppte.

Mit von der Partie waren auch eine amerikanische Familie aus der Nähe von Seattle.  Die Frau war promovierte Geologin.  Wir haben nicht über Trump geredet, wer in einer Naturwissenschaft promoviert hat und aus der Nähe von Seattle kommt, bei dem kann man getrost annehmen, dass er richtig tickt.

Oben angekommen versank die Sonne gerade im roten Meer (ja, auch bei Lipari, nicht nur bei Capri) und alle 10 Minuten oder so fauchte Stromboli Lava gegen den dunkel werdenden Himmel.  Es roch ein bisschen nach Hölle, was einem dann doch wieder an Trump erinnerte, aber zum Glück nur kurz.  Oben war es kalt und alle zogen sich freiwillig die mitgebrachten Helme, Gerichtsmasken und Schutzbrillen über, um weder Sand noch Steine auf’s Hirn oder in irgendwelche Körperöffnungen zu bekommen.

Wenn man so den Urgewalten unmittelbar gegenüber steht, relativiert sich einiges und man denkt sich, dass man sich über den täglich ablaufenden Quatsch nicht so ärgern sollte und ärgert sich dann um so mehr wenn die Tusse aus Bayern, die neben einem steht, zum wiederholten Male versucht mit ihrem Handylichtlein ein beleuchtetes Bild zu machen, dabei den ganzen Vordergrund mit Licht bewirft und das eigene Bild – aufgenommen mit der eigens hochgeschleppten Spiegelreflexkamera –  unbrauchbar macht.  Wie oft muss ich es eigentlich noch sagen, bis es auch der letzte Amateur auf dieser Welt kapiert hat: man leuchtet weder Vulkane, noch Kathedralen, noch Katakomben noch ganze Wüstenabschnitte mit Handy-Lichtlein aus. Da gibt es nur folgende Alternativen: mehrere starke Lichtquellen benützen (umpraktisch), bei hoher ISO und einem “schnellen” Objektiv ohne Blitz fotografieren (teuer, bedarf der Vorbereitung, geht nicht mit Handy), Stativ benützen mit langer Belichtungszeit oder Postkarten kaufen.  Der Rest ist Unsinn.

Der Abstieg erfolgte im Gänsemarsch mit Stirnlampen durch den mehr als knöcheltiefen warmen schwarzen Sand, der sich bis heute hartnäckig an (und in) allem möglichen Stellen festgesetzt hat, die ich gar nicht erwähnen will.  Man machte einen Schritt, schlitterte ein bisschen, machte den nächsten und hat, den Gamaschen sei dank, nach ca. einer Stunde nicht mehr als ein gutes Pfund Sand in jedem Schuh.  Da ich praktisch keinen Gleichgewichtssinn habe (ich bin eine von denen, die umfällt, wenn sie die Augen zu macht) war das Ganze recht abenteuerlich, wo andere schön ordentlich in Reihe und Glied marschierten schwankte ich wie ein besoffener Käfer vor und zurück und hin und her.

Gegen halb zwölf nachts waren wir unten, haben uns noch ein süßes Stückchen gegönnt, haben nochmal drei Pfund Sand die Dusche hinuntergespült und sind dann sehr zufrieden eingeschlafen.

Am nächsten morgen sind wir an den Strand, muss auch mal sein, und haben prompt eine Amerikanerin getroffen.  Mein Sohn, der immer alle anquatscht und mit allen redet, kam nach kurzer Unterhaltung mit ihr zu mir gerannt und sagte “sie ist aus Cleveland. Glaubst Du, sie hat Trump gewählt?”. Es stellte sich dann allerdings heraus, dass sie Cleveland 1974 verlassen hat, einen Italiener geheiratet hat und seit damals in Neapel lebt. Sie sprach Englisch mit einem deutlichen italienischen Akzent.  Ich konnte meinen Sohn beruhigen “die hat nicht Trump gewählt!” Natürlich wurden wir gefragt, was wir von Trump halten und wie immer haben wir genau dass gesagt, was wir denken, auch wenn es nicht gerade stubenrein war.  Danach fuhren es zurück nach Lipari, dass sich nach Stromboli wie eine Weltstadt anfühlte.

Jetzt sind wir wieder in Konstanz und Lipari und Stromboli sind weit weg. Ich versuche immer noch die Trump Vermeidungsstrategie, da ich aber auch hier die Durchflusszytometrie nicht vernachlässigen darf, sitze ich wieder mehr am Computer und kann es gar nicht vermeiden.

Porca miseria, kann ich da nur sagen.

 

 

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