Eine Konstanzerin in Kalifornien

Wie sag ich es meinem Sohn

Sohn

Pornostars überall, wie sag ich’s meinem Sohn?
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Mein Sohn ist jetzt 13, fast 14, also ein Alter in dem elterliche Erziehung hinsichtlich des Verhaltens dem anderen Geschlecht gegenüber so langsam aber sicher nötig wird. Das Problem ist nur, wie macht man das ohne sich lächerlich zu machen, in einem Zeitalter in dem täglich in den Medien über Pornostars gesprochen wird?

Also mit 13 war ich noch recht unschuldig. Nicht ganz, man hatte ja schliesslich Bravo mit dem Ratgeber von Dr. Sommer. Da hat man so einigen Blödsinn gelernt aber immerhin hat es gereicht, dass ich nie ungewollt schwanger wurde. Schon mal was. 

Als ich dann schwanger wurde, viele Jahre nachdem ich meine Unschuld und noch einiges andere verloren hatte, war eine meiner ersten Reaktionen auf die Nachricht, dass es höchstwahrscheinlich ein Junge ist, Erleichterung. Bei Definition gehört das Blumen-und-Bienen Gespräche bei einem Sohn zu den väterlichen Pflichten. Nochmal davon gekommen. Nicht dass ich prüde wäre, aber das ist ja nicht so ganz leicht mit Teenagern.

Nun stehen wir aber vor einem anderen Problem, oder eigentlich mein Mann: wie sage ich es meinem Sohn, der in einem Zeitalter aufgewachsen ist, in dem täglich Pornostars in den Nachrichten sind, im Zusammenhang mit MeToo ausgiebig über sexuelle Gewalt diskutiert wird und wo scheinbar jeden zweiten Tag irgendeine Story von Betrug, speziellen oder schlimmer strafbaren Sexualpraktiken ans Tageslicht kommen. Wo die ganze Nation darüber diskutiert, ob man den Frauen glauben kann, die Roy Moore anklagen sie als 14 Jährige begrapscht und ausgezogen zu haben, was es bedeutet wenn der Präsident unseres Landes in Interviews Dinge von sich gibt wie “I moved on her like a bitch” (so ganz klar ist nicht, was da eigentlich heissen soll, “bitch” hat zwei Bedeutungen, zum einem eine sehr abwertende Bezeichnung für Frauen – Miststück, Zicke – und zum anderen neutral: eine Hündin) und Männer dazu mehr oder weniger auffordert Frauen ungefragt zu küssen und anzugrapschen. Und was es mit vagen Hinweisen auf Pfarrer und Klos auf Flughäfen auf sich hat.

Nicht Eric! 

Wie sag ich’s meinem Sohn vor allem nachdem Schneiderin in unserem Haus sehr hoch angesehen war. Bildquelle

Der neuste Skandal, der mich sehr hart trifft, betrifft den Generalstaatsanwalt von New York, Eric Schneiderman. Auf Eric ruhten unsere Hoffnungen, er hat für die gute Sache gekämpft, auf ihn haben wir uns verlassen sollte Trump massenhaft Begnadigungen für seine Mitverschwörer aussprechen. Eric würde schon was finden, für was er diese Kriminellen in New York State verklagen kann – wo Trump nicht begnadigen kann. Gestern nachmittag hörte ich die Story: 4 Frauen klagen ihn an beim Sex gewalttätig gegen sie gewesen zu sein. Schneiderman sagte, es sei alles im Rahmen von Rollenspielen mit beiderseitigem Einverständnis gewesen.  

Wie, bitte schön, erkläre ich meinem 13-Jährigen, dass es manche Leute geil finden, beim Sex gewürgt zu werden? Was genau sage ich ihm, wenn er mich fragt, was denn mit “Rollenspielen” gemeint ist. Ich krieg ja schon immer zuviel wenn am Fernsehen wieder über Pipi-Filmchen geredet wird, oder dass Stormy Daniels Trump den Hintern mit einer Zeitschrift versohlt hat und er das gut fand. Das prasselt ständig auf uns ein, wie soll ich das denn bitte schön erklären? Und jetzt Eric und würgen?

Auf meinen Mann, will ich das auch nicht alles abschieben, nicht weil ich ihm das abnehmen will oder Mitleid mit ihm hab, sondern weil ich befürchte, dass er in dem Versuch das irgendwie zu erklären zuviel erklärt. Das Kind muss wissen, was Sache ist, aber ich finde nicht, dass er mit 13 schon ein komplettes Bild jeder möglichen Variante haben muss.

Noch vor unserem Abendessen war Schneiderman zurückgetreten. Ich hoffe, damit ist die Diskussion über diese spezielle Geschichte vom Tisch. 

Bleibt nur noch der ganze andere Rest!

 

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2 Comments

  1. Frank

    Hallo Tina,
    vielleicht weiss Dein Sohn schon mehr als Du glaubst. Die Frage ist,
    ob er alles richtig einsortieren kann.
    Und vielleicht ist es auch gar nicht noetig, von vornherein alles oder vieles zu erklaeren. Es hilft sicher schon, Gesprächsbereitschaft und Offenheit fuer solche Fragen zu signalisieren.

    • Californiagirl

      Ich fürchte, er weiss schon zuviel. Nicht, dass ich denke, dass er ignorant sein sollte, aber ehrlich gesagt finde ich nicht, dass er jetzt schon jeden Fetisch und jede Variante kennen muss. Na ja, viel machen kann ich eh nicht, da bleibt nur die Hoffnung, dass er das alles irgendwie gut verarbeitet und, wie Du schon sagte, offen zum Gespräch bleiben, auch wenn das mit fast 14 wahrscheinlich alles peinlicher findet als ich.

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