demonstrieren

Wir demonstrieren mal wieder #MarchForOurLives

Eigentlich wollte ich heute ein paar der Sachen, die ich über die letzten Monate genäht und gebastelt habe bei einem Frühlingsbasar verkaufen. Da es die ganze Woche geregnet hat ist der Park, in dem der Basar stattfinden sollte, ein Sumpf und der Basar deshalb verschoben. Deshalb waren wir demonstrieren. Im Regen. Ich. Im Regen. Das heisst was.

Natürlich hatte der Basar nichts mit der Demo zu tun, das war mal wieder so in blödes Timing, erst zwei Wochenende nix und dann Basar und Demo zur gleichen Zeit. Da der Basar wegen Sumpf ausfiel konnte ich demonstrieren gehen: das 3 1/2st mal in den letzten 14 Monaten. Mehr als in meinem ganze Leben zuvor (okay, da hab ich nie demonstriert). Sonst hätten die Jungs allein gehen müssen. Ich sag mal so: es war besser das ich dabei war, so sind wir pünktlich mit Schildern und Regenjacken ausgerüstet beim Bürgermeisteramt in San Jose angekommen (na ja fast, der grosse Bub, auch Ehemann genannt, meinte – ins iPhone schauend – es würde nicht regnen. Ich – in den Himmel schauend – hatte dazu eine andere Meinung. Ratet mal wer recht hatte!)

demonstrieren

Emma, eine der Überlebenden von Parkland und Aktivistin. Bildquelle

Wir hatten heute landesweite Proteste von Jugendlichen organisiert gegen den ganzen Waffenwahnsinn, die NRA (sozusagen die Waffenkultkirche), die rückgratlosen Politiker, die massenweise in der Tasche der NRA stecken und immer wieder solche idiotischen Parolen wie “Waffen töten keine Menschen, Menschen töten Menschen” von sich geben und neuerdings glauben, das alles besser wird, wenn man nur auch noch den Lehrern Waffen gibt. Ich stell mir dann immer die Mathelehrerin, die mein Sohn letztes Jahr hatte, vor: sehr kompetente Lehrerin, zwei Jahre vor der Pensionierung, so eine halbe Portion von einem Persönchen, wie sie eine Waffe rauszieht und einen (ehemaligen) amok-laufenden Schüler erschießt. Ich hab’s ja nicht so mit der Religion, aber da denk ich mir dann, dass es wahrscheinlicher ist, das der Amokläufer von Gott mittels eines gezielten Blitzschlages erlegt wird, als das die Lehrerin die Waffe auch nur hoch genug halten kann, um sich nicht in die eigenen Füsse zu schiessen.

demonstrieren

So ganz allein waren wir dann doch nicht

Ich hatte so meine Zweifel wegen der Demo hier in San Jose. Ich hab zwar viel gehört und gelesen über die landesweiten Proteste aber die Klassenkameraden meines Sohnes scheinen alle entweder nur an Sport oder Computerspielen interessiert zu sein. Der einzige andere, der sich zum Thema Politik wohl äussert ist ein Trump-Fan. Das Kind hält sich vernünftigerweise von ihm fern, meistens jedenfalls, ich glaube hin und wieder provoziert er ihn mit irgendeinem Spruch. Hab ich nichts gegen.

demonstrierenWir waren dann allerdings nicht allein, wie ich befürchtet hatte. Tausende waren im Regen angetrabt, hielten Schilder hoch, die langsam aufweichten und marschierten durch die Innenstadt von San Jose. Viele Jugendliche und Kinder, dann Eltern und Grosseltern, die zur Unterstützung angerückt waren. Die Generation der Vietnam-Demonstrierer sieht es als ihre Pflicht, die Jugend heute zu unterstützen statt nur über die guten alten Zeiten zu schwadronieren. Hut ab!

Am Ende landeten wir dann doch ich auf einem sumpfartigen Rasen und hörten ein paar Reden, ein 12-jähriges Mädel, die das sehr gut gemacht hat, die Abgeordnete im Repräsentantenhaus vom Bezirk zu dem San Jose gehört, auf die kann man sich verlassen, gute Rede, kurz aber prägnant, ein Mann, der vor 25 Jahren eine Massenschiesserei überlebt aber bis heute nicht komplett überwunden hat, die Schwester des vor 25 Jahren verstorbenen, legendären Arbeiterführer Cesar Chavez und noch ein paar andere. 

demonstrieren

Mitbringsel? Keine blöde Idee.

Im Endeffekt bin ich froh, dass der Basar in den Sumpf gefallen ist, sozusagen, es war wichtig heute zu demonstrieren. Was ich allerdings mit den ganzen Kissenhüllen, Täschchen und anderen Dingen machen soll, die ich zur Nervenberuhigung über die letzten Monate genäht habe weiss ich immer noch nicht. Vielleicht Mitbringsel für meine Freunde anlässlich meines nächsten Deutschlandbesuches?