Der Women’s March in Washington, Quelle: CNN

Wir “feierten” am Samstag das einjährige Jubiläum von Trumps Amtsantritt, fast hätte ich Machtergreifung geschrieben, mit zwei Ereignissen: einem “shutdown” der Regierung sowie dem zweiten Frauenmarsch, dem Women’s March 2018, der wieder – weltweit – Millionen von hauptsächlich Frauen aber auch Männer und Kinder auf die Straßen gebracht hat. Der richtige Auftakt zur zweiten Staffel der Trump Seifenoper oder eher des Trump Horrorfilms. 

Über den Shutdown will ich erst gar nichts schreiben, der ist schon wieder Schnee von gestern und ich hatte heute keine Zeit mich vollumfänglich über den ganzen Quatsch zu informieren. Bringt ja auch nicht viel, denn in zwei Stunden ist ohnehin wieder alles was eben noch ganz aktuell war wieder veraltet. 

Women’s March. Nachdem ich letztes Jahr in Oakland mit über 60,000 anderen marschiert bin konnte ich dieses Jahr (fast) nicht gehen. Genau an diesem Tag war der superwichtige High School Test von meinem Sohn. Wochenlang haben wir uns darauf vorbereitet und ich sag bewusst wir, denn ich war es, die wiederholte Trips zur Bücherei gemacht hat, um Übungsbücher auszuleihen, die Studienzeit angemahnt hat und mit ihm die Tips und Tricks durchgegangen ist, wie man so einen Test am besten angeht. Da konnte ich nicht in der letzten, alles entscheidenden Minute marschieren gehen und hoffen, dass die Jungs sowohl ein ordentliches Frühstück zu sich nehmen, alle notwendigen Schreiutensilien und Jausen einpacken, alle nicht erlaubten Dinge wie Handies nicht einpacken und es dann auch noch termingerecht zur Prüfung schaffen. Das, und das war leider gleich klar, muß ich höchstpersönlich beaufsichtigen. Ich hätte sonst keine ruhige Minute beim Marschieren, weder in San Jose mit meiner Indivisible Gruppe, noch in San Francisco mit Montana und Konsorten, noch in Oakland mit den letztjährigen Mitstreiterinnen. 

Während sich also in Los Angeles, Washington, New York, San Francisco etc. Hunderttausende versammelten hab ich Spiegeleier gebraten, Bleistifte angespitzt und Müsli-Riegel eingepackt. Danach sind wir – termingerecht – mit dem Auto losgedüst, konnten in Ruhe parken und das Kind 5 Minuten zu früh abliefern. Von der Schule, das hatte ich natürlich vorher ausgekundschaftet, waren es nur ca. 1.5 Meilen bis zum Park, wo der San Jose Marsch zur Kundgebung einlief und so hab ich meinen leicht widerstrebenden und sich beschwerenden Mann zum Rest des Marsches geschleppt. War natürlich enttäuschend, die meisten Leute waren schon gegangen aber zumindest hab ich einen kleinen Eindruck erhalten.

Den Test hat der Bub besser nicht verhauen!

Da ich schon nicht Mitten in der Masse war, hab ich mich auf genaue Berichte aus den verschiedensten Städten gefreut und hab am späten Nachmittag angefangen die Presse durchzuforsten – und fast nichts gefunden. “Na ja” dachte ich dann, noch zu früh, die sind mit dem zählen der Riesenmengen an Menschen noch nicht fertig. Morgen schau ich gleich als erstes. Auf Twitter gab es mittlerweile jede Menge Bilder, Periscope Videos und Kommentare. In Los Angeles hatten sich angeblich 500,000 versammelt,  Chicago 300,00, in New York waren es 200,000 und San Francisco angeblich 100,000 – nicht schlecht für eine Stadt, die ca. 750,000 Einwohner hat. Austin hatte ebenfalls 100,000. Insgesamt schätzt die WaPo haben zwischen 3.267.134 und 5.246.670 Menschen an den Märschen allein in den USA teilgenommen. Wie sie gerade auf diese Zahlen kommen, kann ich jetzt wirklich nicht sagen. Als Vergleich: das gesamte Militär in den USA, einschliesslich Reservisten, Küstenwacht und Nationalgarde hat keine 2 Millionen Mitglieder. Aber es zahlt ja auch nicht nur Masse, mache Leute haben den Elementen getrotzt, um teilzunhemen, das sind die 2.000 (meist) Frauen in Fairbanks, Alaska, die bei fast -30 Grad marschiert sind, und noch bemerkenswerter, ca. 40 Frauen im Städtchen Unalakleet, in dem die Temperatur, wenn man den eisigen Wind berücksichtigt bei -40 Grad lag (Anmerkung am Rande, -40 Fahrenheit ist gleich -40 Celsius, “fun fact” würde mein Sohn sagen). Dann waren da die 5 Frauen, die in der Krebsstation eines Los Angels Krankenhauses teilgenommen haben und die 50 Damen aus einem Altersheim in Encinitas, die, weil sie nicht mehr gut laufen können, dort protestiert haben. Um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Wie schon letztes Jahr waren die Proteste super-friedlich mit einer freundlichen Atmosphäre und keine Gewalt allenthalben. Montana berichtete heute, dass Frauen in San Francisco nach dem Ende der Demo Müll aufgelesen und entsorgt haben – kommt bei den rechtsradikalen Märschen eher selten vor.

Ein Blick in die Medien am Sonntag

Am Sonntag dann das gleiche Bild: der Women’s March abgetan mit einem kleinen Artikel oder einer launigen Bilderserie mit den lustigsten Schildern. Die New York Times titelte “Tausende Marschieren beim Women’s March”. Wie bitte? Tausende? Es waren Tausende allein in San Jose, Millionen sind marschiert. In den Fall ist es besser gar nichts zu schreiben, als den Eindruck zu erwecken, dass es sich um Demonstratiönchen gehandelt hat. Die Sonntagmorgen Talkshows waren auch nicht besser, am Rande wurde der Women’s March erwähnt, wenn überhaupt. 

Die Rächerinnen – noch nie haben sich so vielen Frauen zur Wahl gestellt.

Mittlerweile findet sich die eine oder andere Berichterstattung aber insgesamt ist es mickerig und wird dem Anlass nicht gerecht. Natürlich kann man es nicht verhindern, dass einem die Idee in den Sinn kommt, dass Männer, die nach wie vor die Medien beherrschen, kein Interesse daran haben, über Frauen zu berichten, vor allem wenn sie sich für ihre Rechte stark machen und gegen sexuellen Missbrauch demonstrieren. Die Times hat es auf ihrem Titelblatt richtig dargestellt: die Rächerinnen – zuerst sind sie marschiert, jetzt sind sie im Rennen um Ämter (ist im Englischen besser “First they marched Now they are running – wobei running im Sinne von “running for office” also sich zur Wahl stellen bedeutet).

Viel Glück, Mädels, meine Unterstützung habt ihr!

Ein paar Schilder vom Women’s March 2018 kann ich mir jetzt doch nicht verkneifen:

women's marchWomen's MarchWomen's March

 

 

 

 

SaveSave

SaveSave

SaveSave