Heute morgen war ich in der Stadt.  Es hat mal wieder geregnet und ich war mit dem Fahrrad unterwegs.

So bin ich dann in Gedanken ein paar Dinge durchgegangen, die man in Kalifornien nicht können muss, wie zum Beispiel Fahrrad fahren im Regen.

Das Ganze fing damit an, dass ich auf dem Fahrrad sass und es mal wieder regnete. Ich hatte schon vorher gesehen, dass es regnet aber es war zu spät zu laufen und viel zu spät, um das Auto zu nehmen.  Auch wenn ich dies nicht extra bei meinen Eltern hätte abholen müssen, hätte es doch länger gedauert mit dem Auto zu fahren und einen Parkplatz zu finden, als alle anderen Möglichkeiten.  Also bin ich – nach über 15 Jahren Kalifornien manchmal etwas blauäugig – aufs Rad gestiegen und hab mir gedacht “so schlimm kann’s schon nicht werden”.  Nach weniger als 30 Sekunden hab ich mich allerdings wieder sehr lebhaft daran erinnert, warum ich Regen hasse und immer gehasst habe (nachts wenn ich schlafe, da hasse ich ihn nicht, aber sonst) und warum Fahrrad fahren im Regen eine ausgesprochene Scheiss-Idee ist.

In Kalifornien würde nie jemand auf die Idee kommen im Regen Fahrrad zu fahren.  und schon gar nicht auf die Idee im Regen mit Regenschirm Fahrrad zu fahren.  Ich hatte vergessen wie schwierig das ist.  Radfahrer verlernt man ja wirklich nicht, aber Radfahren mit einem Regenschirm in einer Hand und dann auch noch bremsen müssen mit der anderen und dabei möglichst nicht vom Fahrrad zu fallen: eine echte Kunst.  Es war ein paarmal knapp heute, das vorsichtige Bremsen muss ich erst wieder üben, man will ja nicht hochkantig über die Lenkstange segeln mit einem Regenschirm in der Hand. Wenn man dann noch einen Rucksack hat, der ständig rutscht, dann ist das Unheil fast komplett.  Klar, stimmt schon, mit einem Regenschirm Fahrradfahrer ist blöd und sieht blöd aus – aber es gab eben keine andere Wahl – ausser klatschnass werden, aber das ist ja noch blöder.

Kuchenbacken muss man auch nicht können, dafür gibt es schliesslich Läden.

Das andere, was mir dann noch eingefallen ist, dass man in Kalifornien nicht können muss (obwohl es natürlich kein Nachteil ist), ist Kuchen backen.  Ich kenne niemanden, der Kuchen bäckt, ausser mir, so ca. alle 6 Monate einen.  Muffins: klar, cookies: immer, Brownies: gerne – aber Kuchen, geschweige denn Torten? Niemals.  Oh, ich muss mich korrigieren, eine Freundin backt gelegentlich auch, aber die kommt aus einer Grossfamilie, die ursprünglich aus Haiti kommt.  Da backt mal wohl eher. Kaffeklatsch mit Kuchen: selten und wenn dann mit gekauftem Kuchen.  Kindergeburtstag: gekaufter Kuchen, fingerdicke Zuckergarnitur mit Elmo, Superman oder irgendwelchen Eisprinzessinnen drauf – je nach Alter und Geschlecht!  Aber selber Kuchen backen? Nee. In die Schulen, das hab ich schon früh gelernt, darf man auch nichts Selbstgebackenes zu einer Feier mitgeben – könnte ja unhygienisch sein.  Gekauft ist in manchen Fällen okay, aber auch nicht immer – warum, das ist wieder eine andere Geschichte.

Gangschaltungen beim Auto – eine Rarität
Fahrrad

Gangschaltung: muss man nicht können

Noch was, das man in Kalifornien nicht braucht aber glücklicherweise nicht so schnell verlernt:  Autos mit Gangschaltung fahren.  Drüben sind praktisch alle Automatik, wer eine Gangschaltung will zahlt extra und dazu sind meist nur die jungen sportlichen Fahrer bereit.  Als ich mein erstes Auto kaufte lebte ich in San Francisco und wer da schon mal war, der kennt die steilen Hügel. Ich meine jetzt nicht leicht abfallend sondern alpin steil.  Ich wusste ich würde ständig Umwege fahren, um die schlimmsten zu vermeiden, denn Anfahren am Berg ohne Automatik ist da selbst für geübte Fahrer kein Spass.

Umgewöhnen muss man sich in beide Richtungen. Hier nach Monaten des Automatik-Fahrens in Kalifornien: immer daran denken erst die Kupplung durchzudrücken und dann das Autos zu starten. Sonst gibt es einen Sprung nach vorn und jede Menge Ärger mit dem Vater.  Drüben suche ich dann erstmal wieder ein bis zwei Tage lang die Kupplung bevor ich die Kiste anstelle und wundere mich, wo sie die denn versteckt haben.

Parallel-Parken – eine unbekannte Kunstform

Noch was, wo wir schon beim Thema Autofahren sind: die hohe Kunst des parallel Einparkens, in Europa und vor allem europäischen Großstädten geradezu überlebenswichtig, in Kalifornien: auch wieder nur für ein paar Leute in San Francisco.  Der Rest kann uralt werden ohne jemals parallel einzuparken.  Natürlich sind Leute auch entsprechend schlecht/unfähig, wenn es zum Äußersten kommt und tatsächlich mal parallel geparkt werden muss.  Da darf man nicht hinsehen.  Leider ist das Parallelparken nicht wir Fahrrad fahren: das verlernt man.  Erst neulich stellt mein Mann wieder fest, dass er seit seinen Tagen in Wien einen grossen Teil seines Könnens eingebüßt hat und hofft inständig, dass niemals jemand von der alten Gang dabei ist, wenn er drei Anläufe braucht, um in einen für Wiener Verhältnisse großzügig geschnittenen Parkplatz hineinzukommen.  Ich werde ihn nicht verraten, ausser er macht sich über meine Fahrradkünste mit Regenschirm lustig.

Das ist sicher noch nicht alles, aber eben alles, was mit heute so eingefallen ist, als ich mit dem Regenschirm in der einen und dem Lenkrad festgeklammert in der anderen Hand heute durch den Regen geradelt bin.

So, jetzt muss ich gehen, ich muss wohin – hoffentlich regnet es nicht, es ist zu spät zum Laufen, viel zu spät fürs Auto – also bleibt nur das Rad und der Regenschirm.