Ich wohne hier in Sunnyvale und das jetzt schon seit 2002.  Hätte mir jemand 2001 erzählt, dass ich mal in den Suburbs, sprich Sunnyvale, laden würde hätte ich den bestenfalls ausgelacht. Aber nun bin ich hier und hab mich mit der Situation angefreundet: ruhig, suburban, mittelständisch, nix groß Kultur aber dafür weniger Stress als in San Francisco und man findet eigentlich immer einen Parkplatz.  Das war unser ehemalig bescheidenes Sunnyvale: denn alles wird jetzt anders.

Sunnyvale

Eigentlich nichts besonders, ein kleines Haus in Sunnyvale. Bildquelle

Der Anlass zu diesem Blog war ein Artikel, den ich gestern im San Jose Mercury News gelesen habe.  Es ging um den Verkauf eines Hauses hier in Sunnyvale.  Für hiesige Verhältnisses ein eher bescheidenes Heim mit ca. 200 qm auf einem 1200 qm Grundstück.  Das ist eine schöne Größe, vielleicht sogar gross genug, um es nochmal zu teilen und ein zweites Haus darauf zu bauen und deutlich größer als unser Grundstück.  Was den Verkauf so bemerkenswert machte war der Preis: verkaufen wollten die Besitzer für knapp unter 1.7 Millionen Dollar – ein Preis der mittlerweile für hiesige Verhältnisse als normal gilt.  Sie bekamen, wie das hier so üblich ist, viele Angebote und die meisten lagen wohl deutlich darüber.  Den Zuschlag bekam schlussendlich ein Angebot von fast $2.5 Millionen. Jemand hat für ein Haus fast 800,000 Dollar mehr bezahlt, als der Preis zu dem es angeboten war. Das muss man sich mal überlegen – das ist nicht mehr normal! Wird es aber vielleicht bald.

Was hier passiert ist, passiert rund um die Bay, in Oakland, in East Palo Alto und anderen “ehemals bescheidenen” Städten: zu viel Industrie und zu viel Geld. Facebook, Google, Apple, Tesla, Uber, LinkedIn und Konsorten haben viele Leute reich gemacht.  Die wollen jetzt auch schön leben mit dem vielen Geld und dazu gehört auch, dass man nicht jeden Tag Stunden im Auto verbringt.  Also muss ein Haus in der (relativen) Nähe her. San Francisco ist unbezahlbar und vor allem für Leute mit Familie zu weit. Palo Alto war lange die Stadt, in der man leben wollte/musste, als leitender Angestellter einer Technologiefirma oder Venture Capitalist. Dann kam Welle nach Welle Neureicher: oft recht junge Leute, die mit Optionen von Google oder Facebook sehr schnell sehr reich wurden. Die wollte auch nach Palo Alto und irgendwann war Palo Alto zu klein und zu teuer selbst für sie und so zogen sie weiter: Mountain View, Los Altos, Cupertino.  Jetzt, mit dem neuen Apple Hauptsitz direkt an der Grenze zwischen Cupertino und Sunnyvale haben sie auch Sunnyvale entdeckt. Das ehemalig bescheidene Sunnyvale verändert sich rasant. Hier wird ein kleines Haus abgerissen und ein McMansion hingeklotzt, dort wird eine Mall abgerissen und Schachtelhäuser hingestellt. Das bescheidene Sunnyvale spielt plötzlich auch mit bei den Großen.

Die alten Sunnyvale Bewohner verlassen die Gegend

Ich geh ja immer mal wieder zu Garagenverkäufen in der Gegend oder rede mit den eher älteren, künstlerisch angehauchten und oft nicht besonders geschäftstüchtigen Damen bei FabMo, wo ich als Freiwillige aushelfe. Da höre ich immer häufiger die gleiche Geschichte: wir ziehen weg, es ist uns hier zu teuer.  Mit dem Geld, dass wir hier für unser Häuschen kriegen können wir in Colorado, Südfrankreich, sonstwo ganz gut leben.

Na ja, wir haben noch 5 Jahre vor uns, bis der Bub mit der Schule fertig ist.  Ich hoffe, die Apples und Googles sind auch dann noch erfolgreiche Firmen und die Hauspreise halten sich in der Zeit (auf Steigerung über das jetzige Niveau zu hoffen, ist schon fast unverschämt). So und jetzt setze ich mich wieder an meinen bescheidenen, selbstgemachten Schreibtisch, nimm mir meinen alten bescheidenen Computer und fang an meine “Stellungnahme der Eltern” für die Bewerbung meines Sohnes für die Highschool zu schreiben.  Der braucht schliesslich eine erstklassige Schulausbildung, wenn er sich mal ein Häuschen im ehemalig bescheidenen Sunnyvale leisten will.