Gerichtshof

Der Oberste Gerichtshof zwischen Oktober 2010 und Februar 2016

Einer der wichtigsten Institutionen in den USA ist der “Supreme Court”, der Oberste Gerichtshof.  Das amerikanische Rechtssystem leitet sich vom englischen System ab und wir als Common Law bezeichnet.  In Deutschland und den anderen kontinental-europäischen Ländern herrscht dagegen Civil Law.  Eine kurze Übersicht.

In den USA herrscht Common Law, das sich nicht nur auf Gesetze sondern auf maßgebliche richterliche Urteile der Vergangenheit – also Präzedenzfälle – stützt und auch durch richterliche Auslegung weitergebildet wird (das ist ziemlich wörtlich von Wiki). Das US Recht beruht also auf Präzedenzfällen, auf die sich Richter und Anwälte in Verhandlungen berufen.  Wer solche TV Programme wie Law & Order anschaut, weiss das sicher zur Genüge.  Da gibt es ständig schlaue Anwälte, die irgendwelchen obskuren Fälle aus der Vergangenheit zitieren und damit im letzten Moment, in einem hoffnunglos aussehenden Fall, das Steuer herumreissen.

In Deutschland und anderen Civil Law Länder hat man hingegen kodifizierte Gesetze, auf denen die Rechtsprechung basiert.

Ich werde mich jetzt nicht in die sicher jahrhunderte-alte Diskussion darüber einlassen, welches besser ist oder auch nur, was die Vor- und Nachteile der beiden System sind.  Ich bin sicher dazu gibt es jede Menge Bücher, Artikel und Meinungen sondern mich darauf beschränken zu beschreiben, warum der momentane Kampf, um die Ernennung eines der obersten Richter so wichtig ist.

Der Oberste Gerichtshof

Die Oberste Gerichtshof hat 9 Juristen (manchmal scherzhaft “Supremes” genannt), klar, eine ungerade Zahl, damit man nicht ständig mit 4:4 Entscheidungen dasteht.  Die Richter werden auf Lebenszeit berufen, damit sie unabhängig sind.  Das ist natürlich ein Vorteil, denn man will ja  einem idiotischen Präsidenten nicht die Möglichkeit geben, die Richter unter Druck zu setzten nach dem Motto “wenn Du nicht so entscheidest, wie ich will, sitzt Du morgen auf der Strasse”.  Es hat natürlich den folgenden Nachteil: wenn man mal einen Arsch als “Superme” hat, wird man den nicht wieder los.  Ausser er/sie stirbt oder tritt freiwillig ab, was die meisten nur dann tun, wenn sie ohnehin mit einem Fuss im Grab stehen.

Der Oberste Gerichtshof ist dafür zuständig, dass die Verfassung eingehalten wird.   In dieser Rolle hat der Gerichtshof das Recht, oder eigentlich eher die Verantwortung, sowohl dem Präsidenten als auch dem Kongress auf die Finger zu hauen, wenn die Gesetze erlassen,  die gegen die Verfassung sind.

Gerichtshof

Ruth Bader Ginsburg, die coolste und streitbareste Richterin im Obersten Gerichtshof. Unter uns Liberalen ist sie schon jetzt eine Legende. Man kann ihr, jetzt 84, nur noch viele gesunde Jahre wünschen.

Richter werden vom Präsident nominiert und erst von einem Komitee im Senat und anschliessend vom gesamten Senat bestätigt.  Was jetzt so einfach klingt, ist ein ewiges politische Gerangel, denn ein konservativer Präsident, will einen konservativen Richter und ein demokratischer einen Liberalen und die jeweils andere Seite, will verhindern, dass zu extreme Leute nominiert werden (extrem ist hier keinesfalls wirklich extrem, extrem ist aus der Sicht der Konservativen z.B. jemand der das Recht auf Abtreibung befürwortet).  Natürlich spielen auch die Lobbyisten eine Rolle, wenn z.B. der/die nominierte Person dafür bekannt ist, gegen die Interessen der Pharmaindustrie zu stimmen, kann man sicher sein, dass die Pharma-Lobbyisten in grosser Zahl ausziehen und viel Geld dafür verwenden, Senatoren zu überzeugen, den Kandidaten nicht zu wählen.  Unter normalen Umständen, reicht eine einfache Mehrheit, also 50 Senatoren zu einer Normierung.  Zu den Ausnahmefällen ein andermal.

Je nachdem, wie der Senat gerade aussieht, ist das kein einfacher Prozess.  Wenn jedoch, wie momentan, der Senat und der Präsident die gleiche Partei repräsentieren, kann die andere Partei nicht viel tun.

Warum ist der Fall Gorsuch so wichtig

Letzten Februar starb Antonin Scalia, einer der 9 Richter überraschend. Scalia war eine erzkonservativer Richter und bei Liberalen extrem unbeliebt.  Er war z.B. einer der 5 Richter, der dafür stimmte (privaten, also nicht an der Börse gehandelten) Firmen (der Kläger war Hobby Lobby, eine Kette von Läden für Bastelbedarf) das Recht zu geben in ihrer Krankenversicherung aus religiösen Gründen keine Verhütungsmittel abzudecken.  Mit anderen Worten: weil die Firmenchefs Empfängnisverhütung für unchristlich halten, haben sie das Recht ihren weiblichen Angestellten nur Krankenversicherungen anzubieten, die ihnen keine Zuschüsse für die Pille gibt.  Er hat natürlich auch gegen die Legalisierung der Schwulen-Ehe gestimmt, sowie der Ansicht Ausdruck verliehen, dass die Verfassung die Diskriminierung von Frauen nicht verbieten würde.

Ich will jetzt nicht gerade sagen, dass die Liberalen im Land aufatmeten, weil es jetzt für Barack Obama eine Möglichkeit gab einen weitern Richter zu berufen (er hat in den 8 Jahren insgesamt 2 Richterinnen ernannt) – aber so ähnlich.

Die Leiche war noch nicht kalt als Mitch McConnell, der Fuehrer der Republikaner im Senate (wo sie eine Mehrheit hatten) vor die Kameras trat und – um es mal in den klassischen Worten meines damals 2-jährigen Sohnes, der sich zwischen Brokkoli und Bohnen entscheiden sollte – zu sagen “Alles nein!”

Das Argument war, kein Präsident sollte im letzten Jahr seiner Präsidentenschaft einen Richter/eine Richterin ernennen dürfen.  War natürlich kompletter Blödsinn, da es Fälle gab, in denen das genauso war und es keinerlei Regeln gegen das Ernennen im letzten Jahr gab.  Es war nur eine Erweiterung der Politik, die von Anfang an betrieben wurde und die da lautete: Egal was Obama will, wir sagen nein.  Egal was er sagt, wir behaupten das Gegenteil.

Gerichtshof

Sieht aus wie ein Erdnuss-Flip, ist aber ein Cheeto – Maismehl mit künstlichem Geschmack und gibt-orange. Bildquelle

Obama nominierte Merrick Garland, einen sehr qualifizierten und keineswegs radikalen Richter.  Aber: Alles Nein! So blieb der Platz offen, bis der Cheeto ins Weisse Hause einzog.  Er nominierte Gorsuch.  Und jetzt gibt es eigentlich nur noch eins zu sagen: Alles Nein! Der Posten hätte rechtmäßig von Obama besetzt werden sollen.  Kleinlich? Vielleicht, aber man kann sich ja nicht alles gefallen lassen.

Seit gestern kommt noch ein weiteres Argument hinzu: ein Präsident, der vom FBI wegen seiner Verbindungen zu Russland untersucht wird, sollte keinen Richter ernennen dürfen!