Ich kann eigentlich nicht anders sagen, aber das Leben hier ist scheißteuer und zwar so richtig scheißteuer. Die Lebenshaltungskosten sind echt abartig. Es passiert mir immer wieder, dass ich in Konstanz im Supermarkt vor einem Regal stehe und wie doof etwas anstarre einfach weil es so billig ist und ich es gar nicht glauben kann. Ich zupfe dann meinen Mann am Ärmel und zeige auf das Produkt und stottere “schau mal, das gibt es doch nicht”. Die halten mich sicher für bescheuert beim Edeka im Paradies.
Das die Preise sehr hoch sind gilt für sehr vieles, aber nicht alles. Mehr zu den billigeren Dingen ein andermal.
Lebensmittel treiben die Lebenshaltungskosten hoch
Fangen wir mal mit dem Offensichtlichen an: Lebensmittel. Der große Becher Joghurt, den ich in Konstanz für so. ca. 80 Cents bekomme, ein bisschen mehr, wenn ich einen teuren Markenartikel nehme kostet mich hier $4 oder $5. Mozzarella, die ich gern mit den Tomaten serviere, weil das ja auch die Vegetarier gern essen: auch so ca. $4. Das gute Kraftbrot von der deutschen Bäckerei, ca. 900 Gramm kostet $6. Natürlich brauch ich mir nicht unbedingt den Luxus von deutschen Brot zu leisten, obwohl gutes Brot eigentlich kein Luxus sein sollte, ich kann also auch ein Packung mit 6 Muffins für $4.99 nehmen, vielleicht waren es auch nur $4.59 – aber das macht auch schon keinen Unterschied mehr.
Obst und Gemüse in den Supermärkten ist auch nicht gerade billig, wenn man bedenkt, wie viel um uns herum wächst. Ein Pfund Pfirsiche oder Nektarinen in der Hochsaison kosten oft $2, das sind amerikanische Pfunde, also 450 Gramm. Das sind gerade mal 2 Pfirsiche – wenn man Glück hat. Zucchini: ähnlich viel, Paprika per Stück bis zu $2, Brokkoli, da krieg ich billiges Schweinefleisch günstiger, nur will ich kein billiges Schweinefleisch. Auch auf dem Markt ist es nicht billiger, eher teuerer. Ich kauf mein Obst und Gemüse mittlerweile bei einem kleinen mexikanischen Laden, die manchmal auch Hanuta haben, da ist es deutlich billiger, die müssen ein paar direkte Zulieferer haben. Die Alternative ist der Flohmarkt, auch da gibt es Stände, die Gemüse günstig verkaufen. Allerdings eher die Dinge, die man in den nächsten zwei Tagen aufessen sollte.
Wein
Wein ist mittlerweile auch kein vernünftiger mehr unter $10 – $12 pro Flasche zu haben. Und das in Kalifornien, wo 90% des amerikanischen Weins gemacht wird. Ich trinke meist italienischen Prosecco, der ist günstiger was natürlich voll idiotisch ist. Die sehr teueren Lebensmittel treiben die Lebenshaltungskosten extrem in die Höhe.
Medizin und ärztliche Behandlung
Das ist einen eigenen Blog wert, weil das tatsächlich schon in den Bereich absurdes Theater abgleitet. Als mein Sohn vor ein paar Jahren auf einem Wochenendausflug beim Spielen in eine Glasscherbe hineingekniet ist blieb uns nichts anderes übrig, als ihn in die nächste Notfallaufnahme zu bringen. Der Schnitt war tief und man kann ja keine Infektion riskieren. Die haben sich die Wunde angeschaut, eine Röntgenaufnahme gemacht, den Schnitt dann ausgewaschen und einen Verband angelegt. Das dauerte mit Wartezeiten ca. 1 Stunde. Die Rechnung an uns, nachdem die Versicherung einen minimalen Betrag bezahlt hatte: $1000.
Der Kostenvoranschlag für zwei Zahn-Implantate für mich ist so im Bereich $15000. Da flieg ich lieber nach Deutschland und lass es da machen. Die Epipens, die Allergiker benützen, um einen anaphylaktischen Schock zu vermeiden nachdem sie dem Allergen ausgesetzt waren, kosten mittlerweile $600 für zwei. Viele Menschen können sich das nicht leisten und es bleibt ihnen nur die Wahl zu hoffen, dass sie nicht von einer Biene gestochen werden oder die Schokolade tatsächlich keine Nussreste enthält. Der dramatische Preisanstieg der Epipens ist gerade in der Presse hier, vielleicht passiert was, vielleicht auch nicht.
Eine ernsthafte Krankheit oder ein Unfall kann einem hier ruinieren – ohne Probleme.
Freizeit und Kinderbetreuung
Dann sind da noch so Dinge wie Stunden oder Klassen. Mein Sohn fechtet, ich glaube wir haben in Konstanz im ganzen Jahr weniger gezahlt als hier pro Monat. Vor 12 Jahren schon, hat ein Ganztagesplatz für ein Kind zwischen $1200 und $1400 im Monat gekostet. Wir haben uns für eine Betreuung in einer kleinen privaten Kinderpflegestelle entschieden, die war superbillig und hat „nur“ $800 gekostet. Heute ist unter $1500 – $1600 gar nichts mehr zu haben. Da muss man schon einen guten Job haben, dass sich das lohnt.
Kinderüberraschungseier
So, und jetzt noch der aktuelle Anlass dieses Blogs: wir waren heute ein bisschen bummeln in Los Gatos, einer recht exklusiven kleinen Stadt ein wenig südlich von hier, so ca. 20 Minuten Fahrt. Aus Jux und Dollerei sind wir in einen Süsswarenladen hinein und haben uns umgesehen. Zu meinem großen Erstaunen sah ich Kinderüberraschungseier „Kinder Joy“ genannt, die eigentlich in den USA verboten sind (Süßigkeiten und Spielzeug dürfen hier nicht zusammen in einer Packung verkauft werden, warum McDonald Fritten und Spielzeug zusammen als Happy Meal anbieten kann hab ich nie verstanden, aber das ist eine andere Geschichte. Ein Artikel in englisch ist hier). Der größere Schock als das illegale Abverkaufen von Kinderüberraschungseiern war allerdings der Preis: $6 für eines. Ich hab ein Bild gemacht, weil mir das sonst sowieso keiner glaubt.
Da vergeht einem der Appetit auf Schokolade – sogar mir, und das will was heissen.
Eric
Hi Tina,
das ist ja echt frech, die Lebenshaltungskosten der Menschen so in die Höhe zu treiben. Wenn ein Ü-Ei teuer ist, ok, muss man nicht haben. Aber Grundnahrungsmittel, wie Brot, Joghurt, Obst… einfach unglaublich. Das mit den “Epipens” geht auch in D durch die Presse. Die Dame hat sich damit keine Freunde gemacht. Ich weiß nicht, ob es in so einem Fall – bei einem Preisanstieg um mehrere 100% – nicht die Möglichkeit gäbe, dass die FDA Konkurrenz-Produkte schneller zur Zulassung durchwinken könnte. Ich fände das angemessen, wenn man so mit den Leuten umgeht. Und dann noch im Doppelpack, das ist krank.
Gruß,
Eric
Californiagirl
Ja, die Epipen Geschichte ist schlimm, ich hab eine Freundin mit Bienenallergie, die sich das jetzt nicht mehr leisten kann. Das Problem scheint nicht das Medikament zu sein, sondern der Verabreichungsmechanismus, der patentgeschützt ist. Da muss es doch eine andere Lösung geben, der das Patent umgeht. Hoffentlich macht sich ein findiger Ingenieur an die Arbeit und findet ein Alternativlösung!
Eric
Hier etwas Hintergrund-Info für die Leute, die hier mitlesen…
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2016/08/31/lebenswichtiges-arzneimittel-wird-unbezahlbar
Wenn es “nur” der Verabreichungsmechanismus ist, muss es Lösungen geben, da bin ich mir sicher.
Californiagirl
Ja, die Preise sind schon verrückt und eines treibt das andere weiter in die Höhe. Hohe Mieten = teuere Produkte, teuere Produkte = hohe Löhne, hohe Löhne = teuere Dienstleistungen. es gibt aber auch Dinge, die hier billiger sind, Jeans zum Beispiel. Darüber schrei nicht ein andermal.
Eric
Ich habe meine Frau gefragt…
Das hier scheint eine Alternative zu sein. Ich weiß aber nicht ob das auf dem US Markt so erhältlich ist.
https://www.europa-apotheek.com/fastjekt-autoinjektor-3680917.html
Californiagirl
hmm, interessant, ich frag mal meine Freundin, ob ich ihr welche mitbringen soll. Das ist natürlich keine Lösung des Gesamtproblems.
Linda
Oh, das ist ja doch ganz schön teuer, wenn man das hier mit den Kosten bei uns vergleicht. Da kann ich mir gut vorstellen, dass einem das ein oder andere vergeht.
blub
Hey, gerade durch Zufall auf diesen Blogpost gestossen. Wollte dazu anmerken, dass “Kinder Joy” in den USA erlaubt sind (wohl extra fuer diesen Markt entwickelt), da dort in einer Haelfte die Schokolade steckt und in der anderen das Spielzeug.
https://www.tasteofhome.com/article/kinder-joy/
Californiagirl
Ja, danke, ich hab die neulich auch beim hiesigen Mexikanisch-Russischen-Israelische-Deutschen-Minimarkt gesehn (deutsch ist vor allem die Schokolade: gute Auswahl an Milka und Ritter Sport) und mich schon gefragt, ob die das nicht wissen. Aber das erklärt es.