Die erste Begnadigung von Trump zeigt sehr deutlich woher der Wind weht. Falls man das noch nicht mitgekriegt haben sollte. Warum die Begnadigung eines 85-jährigen Sheriffs solches Aufsehen erregt hat mehrere Gründe. Eine Zusammenfassung hier.
Sheriff Joe Arpaio aus Arizona ist berüchtigt. Der selbsterklärte “schärfste Sheriff im Land” hat regelmässig die Verfassung des Landes mit Füssen getreten, richterliche Anordnungen ignoriert, einen Mordanschlag auf sich selbst vorgetäuscht und versucht ihn anderen in die Schuhe zu schieben (das ist eine wahre Geschichte, auch wenn es unglaublich klingt. Mehr hier in englisch) und ist Schuld am Tod einer ganzen Anzahl von Häftlingen, die unter unmenschlichen Umständen untergebracht waren in Behausungen, die er selbst stolz als Konzentrationslager bezeichnet hat.
Das alles hat man ihm Jahrzehnte durchgehen lassen und erst als er wiederholt und offen die Anordnungen eines Gerichtes missachtet hat ist er wegen Missachtung des Gerichtes verurteilt worden. Er wurde schuldig befunden aber die Strafe – die Höchststrafe wären milde 6 Monaten im Gefängnis gewesen – sollte irgendwann in der nächsten Zeit verhängt werden. Dazu kam es nicht, den Trump hat ihn sozusagen vorbeugend begnadigt.
Es ging mal wieder ein Aufschrei durch’s Land, der wie immer, nichts an der Tatsache ändert. Es wird sich auch nichts ändern, den präsidentiale Begnadigungen sind absolut, da kann weder der Kongress noch irgendwelche Richter etwas daran rütteln.
Arpaio ist ein Schweinehund, aber Schweinehunde gibt es viele und Begnadigungen sind oft eine anstößige Geschichte. Reagan hat großzügig die Iran-Contra Hauptdarsteller begnadigt, Ford hat Nixon begnadigt, Bill Clinton einen seiner Hauptgeldgeber. Alles sehr unschön. Warum also, ist die Arpaio Begnadigung so ein “big deal”, so eine große Sache?
Warum ist die Arpaio Begnadigung so ein Big Deal?
Es gibt zwei Hauptgründe dafür, dass dies schlimmer ist als einen steuerhinterziehenden Freund zu begnadigen, auch wenn das, wie gesagt, auch nicht ok ist.
Begnadigung als Signal
Durch die Begnadigung Arpaios hat Trump seinen in den Russland-Skandal verstrickten Loyalisten signalisiert, dass sie nichts zu befürchten haben. Sie können Mueller und seine Untersucher gerne anlügen oder die Aussage verweigern, wenn sie dafür für Missachtung bestraft werden sollten wird Trump sie begnadigen ohne auch nur die Verurteilung abzuwarten. Das macht die Arbeit des Teams Mueller nicht gerade einfacher.
Ich habe heute morgen kurze Stellungnahmen verschiedener Rechtswissenschaftler zu dem Thema gelesen und – wie immer – sind sie sich nicht einige, was genau die Folgen sein können. Einige vertraten die Position, das sich sowas auch rächen könnte, denn Leute, die begnadigt wurden, können sich nicht mehr auf den 5. Zusatz der Verfassung – das Recht sich nicht selbst belasten zu müssen – berufen. Wer begnadigt wurde ist unschuldig und kann sich deshalb per Definition nicht selbst belasten. Das heisst sie könnten, wenn sie nicht aussagen, erneut wegen Missachtung des Gerichtes belangt werden. Und Trump sie natürlich wieder begnadigen. Das Ganze wird dann interessant, wenn die Anklage von einen der Länder (US States) erhoben wird, nicht von Bundesebene (federal), denn der Präsident kann nur Bundesverbrechen begnadigen, nicht aber solche auf Landesebene. Das Problem ist, dass alles etwas unklar ist, denn, wie schon öfter mal in letzter Zeit, hat man solche Fälle noch nicht erlebt. Ausserdem sind solche Fälle wie die geheimen Absprachen mit Russland zum größten Teil Bundesverbrechen. Wie schon öfter in letzter Zeit hofft man, dass Schneiderman, der Ankläger in New York, etwas Saftiges findet, dass er auf Landesebene verfolgen kann.
Begnadigung als Schlag ins Gesicht der Gerichtsbehörden
Arpaio ist nicht als Privatmann verurteilt worden, sondern als Polizist in leitender Position. Dass ein Polizisten die Anordnungen eines Gerichtes (in diesem Fall, damit aufzuhören grundlos Autofahrer anzuhalten, speziell Latinos und sie dann, wenn sie keine gültigen Papiere haben in Abschiebehaft zu nehmen – das ist gegen die Verfassung) offen und aggressiv missachtet und weiterhin diese verfassungswidrige Aktionen durchführt, gefährdet den Rechtsstaat viel mehr, als ein einzelner Steuerhinterzieher oder auch Mörder. Die Gerichte – und das Volk – müssen sich darauf verlassen könnnen, dass die Polizei das ausführt, was die Gerichte entscheiden. Das ist eines der Grundprinzipien eines Rechtsstaates: Gewaltenteilung. Diese Gewaltenteilung ist aufgehoben, wenn die Polizei sich zu Richter und Henker gleichzeitig erklärt und tut was sie will und die Anordnung der Gerichte missachtet. Dafür ist der Dreckskerl verurteilt worden und dafür hat ihn der andere Dreckskerl begnadigt.
Eine Demokratie stirbt nicht unbedingt in einem großen spektakulären Knall sondern, wie wir hier beobachten können, den Tod der tausend kleinen Schnitte, manche tiefer als anderen. Dies ist ein tieferer.