Also ehrlich, ich war nicht faul. Nur vielbeschäftigt und zwischendurch auch für zwei Wochen in Konstanz. Ich hab jede Menge geschrieben, über die Zulassung von Medizinprodukten, über Antibiotikaresistenz, über Ärzte, die lieber Unternehmer sein wollen, und mehr als ich jemals für möglich gehalten habe über sogenannte Key Opinion Leaders in der Pharmaindustrie. Also nichts, was ich nun unbedingt hier teilen sollte.
Es gibt viel zu erzählen und deshalb ist es schwierig überhaupt was zu erzählen. Es ist, wie wenn man von einer langen Reise nach Hause kommt und gefragt wird “Na was hast Du erlebt?” Da kann man dann entweder sowas sagen wie “Echt viel. War super!” oder für drei Stunden reden. Da weder das eine noch das andere gut ist, habe ich beschlossen Euch einfach von einer Geschichte zu erzählen, die hier eben durch die Medien ging. Ich finde sie sehr interessant und sie lehrt einem einiges über die menschliche Natur.
Wieder ein paar Bastelmärkte
Ich muss vorausschicken, dass ich mich mal wieder hab breitschlagen lassen, an dem einen oder anderen Bastelmarkt teilzunehmen. War nicht schwierig, die Idee ein bisschen was von meinem Inventar abzubauen ist ja nicht zu blöd und außerdem hab ich eh eine Schwäche für solche Dinge. Beim ersten hab ich ok verkauft, beim zweiten recht gut – immer den Umständen entsprechend, natürlich. Hätte ich zwei Stunden damit verbracht über Immunonkologie zu schreiben, wäre ich finanziell besser dagestanden. Aber Nähen ist nun mal für mich, was Meditation für andere ist.
Und dann kam noch die Palessi Geschichte.
Diejenigen von Euch, die schon mal in den USA waren kennen vielleicht Payless Shoe Source. Das ist sozusagen unser Deichmann. Billige Schuhe, alles so zwischen $20 und 40 und oft auch noch reduziert. Nichts besonders aber auch nicht super-übel. Hab auch schon dort gekauft.
Nun ist ein völlig genialer Mensch in der Marketingabteilung auf eine völlig geniale Idee gekommen:
Sie haben sich im vornehmen Santa Monica kurzfristig ein Ladenlokal gemietet, in dem früher Armani war. Das haben sie aufgemotzt mit beleuchteten Regal, Goldfarbe und allem möglich teuer aussehenden Zeug und haben da die Billigschuhe hineingestellt. Das Ganze haben sie Palessi genannt – also y zum i gemacht und hinten angestellt. Klingt nach italienischer Edelmarke, oder?
Dann haben sie “influencer” eingeladen, also alle die, die sich zum Thema Mode äußern und Einfluß auf das Kaufverhalten anderer haben, Modejournalisten, Blogger, Promis, was weiss ich. Die Influencer kamen auch und jetzt ratet mal was passierte! Wer jetzt sagt, die Influencer wissen was sie tun und sind sofort getürmt, hat leider verloren. Die Influencer haben gekauft. Die haben chinesische Billigschuhe, die bei Payless in dem hässlichen kleinen Einkaufsgebiet gleich neben Ross Dress for Less so ca. eine Meile von uns $40 kosten, für bis zu $640 gekauft.
Unglaublich, oder? Es geht überhaupt nicht um Qualität, selbst Leute, die es besser wissen müssten, denn schließlich beschäftigen sie sich täglich mit Mode, sind vom teueren Schein geblendet worden.
Am Ende hat Palessi, ähm Payless das Geld zurückgegeben und alles war wieder gut.
Was ich davon für meine eignen Dinge gelernt habe, muss ich mir erst noch überlegen. Vielleicht muss ich statt der aus Tapetenresten ausgestanzten Preisschildern irgend ein teuer reduziertes Schildchen drucken lassen und das ganze Ding dann für $80 verkaufen, nicht $25. Nur halt nicht beim Kirchen- oder Schulbasar und für einen ehemaligen Armani-Laden in bester Lage fehlt mir das Kleingeld.
Eins muss ich allerdings nochmal betonen, wer diese Idee hatte, ist ein genialer Marketingmensch. Mit dieser Aktion hat Payless den eigenen Kunden gezeigt, dass ihre Schuhe auch für fast das 10-fache über den Tisch gehen und diejenigen, die vielleicht eingeschnappt sind, also die “influencer”, die zählen ohnehin nicht zur normalen Kundschaft, wenn sie die verprellt haben ist es auch Wurst. Wobei ich mir denke, dass die gute Mine zum bösen Spiel machen müssen, wenn sie nicht als beleidigte Leberwürste dastehen wollen.
Also, wer auch immer es war: Hut ab und vielleicht fällt Dir ja noch was ein, um uns arme, vernachlässigte Kunsthandwerker, Bastler und Näher ein bisschen zu unterstützen. Ich spendier gern auch ein Kaffeegetränk für $4.50 und sogar ein Gebäckteil bei einem Treffen im nahegelegenen Starbucks, um alles zu besprechen.