Na ja, das ist vielleicht ein bisschen übertrieben, als Feinde werden wir Deutschen hier sicherlich von der Mehrheit nicht betrachtet, auch wenn aus dem Weissen Haus mal wieder dummes Zeug und Drohungen kommen. Aber komisch ist es schon: ich hätte doch im Leben nie gedacht, dass meine Doppelstaatsbürgerschaft jemals irgendwelche Konflikte erzeugen könnte.
Wir haben einige japanische Bekannte, für die die Internierung von Amerikanern japanischer Herkunft im Zweiten Weltkrieg immer noch ein Thema ist. Da waren Eltern oder Grosseltern betroffen, die Geschichten aus der Zeit erzählen. Das Thema kommt immer wieder hoch und erzeugt zwiespältige Gefühle noch anderthalb Generationen später. Plötzlich waren unbescholtene Bürger Feinde und wurden eingesperrt.
Nie im Leben hätte ich gedacht, dass meine deutsch-amerikanische Doppelstaatsbürgerschaft jemals auch nur zu den aller klitzekleinsten Konflikten führen könnte. Man steht ja auf derselben Seite, hat dieselben Feinde. Auch wenn man andere Tischmanieren hat und die Geschwindigkeitsbegrenzungen auf den Autobahnen unterschiedlich sind, im Grunde ist man sich ja doch einig, wenn es um die grossen Ziel geht. So war es ja auch lange Zeit oder aus meiner Perspektive immer, denn seit ich geboren bin gab es da keine nennenswerten Konflikte. Jedenfalls keine, die ich mitbekommen hätte.
Das war Dann
Das war dann, und jetzt ist anders. Wenn ich jetzt die Zeitung aufschlage, lese ich dass die Deutschen “bad” sind oder sogar “very bad”. Das wird als “böse” oder “schlecht” übersetzt, kann aber auch als “sich schlecht benehmen/verhalten” gedeutet werden. Wir verkaufen den Amis zu viele BMWs und kaufen nicht genug Fords. Selber schuld, denk ich mir da, baut halt bessere Autos. Ob es wirklich die Autos sind, die das Problem darstellen, oder ob das neue Feindbild aus dem Weissen Haus nicht eher andere Ursachen hat ist natürlich die naheliegende Frage. Angela Merkel wird in der liberalen Presse hier und in vielen Tweets immer wieder als die Neue Fuehrerin der freien Welt bezeichnet. Ein Titel, den die amerikanischen Präsidenten immer selbstverständlich für sich beansprucht haben. Das wurmt den Narzissten im Weissen Haus natürlich. Wäre ja schon schlimm genug, wenn das ein Mann wäre, aber auch noch eine Frau und zu allem Überfluss noch eine, die sich anscheinend nicht von ihm einschüchtern lässt.
Neue Feinde braucht das Land
Natürlich muss man auch neue Feindbilder schaffen, nachdem die Russen unter seinem Spiessgesellen Vladimir ja jetzt Freunde sind und auch die Chinesen von der Liste der Feinde gestrichen wurden und Despoten überall auf der Welt im Weissen Haus grosser Respekt entgegengebracht wird (Trump hat sich wohl sehr positive darüber ausgelassen, dass es in Saudi Arabien keine Demonstranten gab, war alles schön friedlich. Das dort Leute für Proteste enthauptet werden findet er wohl gut). Da bieten sich die lästigen und aufsässigen Europäer unter der Führung von Angela Merkel richtig an. Dass man ihm dort nicht den Respekt zollt, von dem er meint, dass er ihm zusteht kommt, natürlich erschwerend hinzu.
Das Handelsdefizit
Das Handelsdefizit mit Deutschland ist beträchtlich, dass mit China deutlich beträchtlicher, denn hier gibt es ja fast nichts mehr zu kaufen, dass nicht in China hergestellt wurde, ausser Autos, Maschinen und ein paar andere Dinge wie bestimmte Arzneimittel, die kommen aus Deutschland. Natürlich sind auch Kanada und Mexiko wichtige Partner.
Ich habe versucht herauszufinden, warum das Handelsdefizit so gross ist, wie es ist und bin dabei über einen kurzen Artikel von Paul Krugman gestossen (Krugman ist mein Ökonomen-Superhero – wenn man im Silicon Valley lebt, darf man Ökonomen als Helden haben), der einen Erklaerungsversuch unternimmt (der Artikel ist hier). Im Prinzip sagt er in diesem Artikel, dass es wenige Daten und Studien gibt, die Handelsdefizite erklären könne. Er unternimmt dann selbst einen und wirft am Ende die folgende Frage auf: ist das Handelsdefizit überhaupt so gross, wie getan wird. Die USA haben einen enormen Handelsüberschuss mit Belgien und den Niederlanden, viele der Waren, die aus den USA verschifft werden landen in Rotterdam und Antwerpen und werden von dort aus weitergeschickt, z.B. auch nach Deutschland. Und hier dachte ich, dass man im Zeitalter des Internets ganz genau weiss was, wer, wann an wen und wohin verschifft hat.
Wie dem auch sein, die Bezeichnung “bad German” steht erstmal. Ich trage sie nicht nur mit Fassung, sondern wie eine Ehrenbezeichnung. Es gibt fundamental keinen Konflikt zwischen Deutschland und dem vernünftigen Amerika. Dass Trump nicht dazugehört ist nicht mein Problem, sondern seins und wenn man von seinem Feind beschimpft wird ist das ja ein Kompliment!