Kritisieren ist durchaus erlaubt in den USA. Allerdings muss Kritik anders – schonender – beigebracht werden als in Deutschland. Das gilt für das Privat- und für das Geschäftsleben gleichermassen.
Wie überall kann man auch in den USA kritisieren. Nur muss man die Regeln kennen und darf es nicht übertreiben.
Kritisieren – Die Faustregel
Diese Faustregel gilt sowohl im Privat – als auch im Geschäftsleben: man kritisiert nicht harsch und nicht ohne auch noch etwas Positives gesagt zu haben. Bekannt ist das “Sandwich”, also Kritik, die zwischen zwei Lagen Positivem eingepackt wird. Erst was Nettes sagen, dann kritisieren, dann nochmal was Nettes sagen. Die Kritik kommt so trotzdem an, wird aber nicht als persönlicher Angriff oder brutale Attacke verstanden.
Beispiel für akzeptiertes Kritisieren in Berufsleben
Hier ein Beispiel, wie sowas ablaufen in Berufsleben könnte:
Nancy, Du hast in der letzten Zeit wirklich grosse Fortschritte in der Kundenberatung gemacht und unsere Kunden in der Regel gut beraten. Es gibt allerdings ein paar Bereiche, in denen Du noch die Möglichkeit hast Dich zu verbessern, speziell im Hinblick auf Deine technisches Wissen über unsere Produkte. Da kannst Du Deine Kenntnisse noch deutlich vertiefen. Ich bin sicher, dass Du das kurzfristig schaffst, wenn Du Dich da hineinkniest, denn Du hast ja alle nötigen Voraussetzungen and Fähigkeiten.
Auf Deutsch übersetzt: Mädel, Du hast echt keine Ahnung wie unsere Produkte funktionieren und kannst deshalb die Kunden nicht ordentlich beraten. Lern das und zwar schnell, blöd bist Du ja nicht.
Okay, das ist vielleicht etwas überspitzt, aber so ähnlich läuft es ab.
BEISPIEL FÜR AKZEPTIERTES KRITISIEREN IN Privatbereich
Jane, die Farbe von diesem Kleid steht Dir wunderbar, sie bringt Deine Augen richtig toll zur Geltung. Der Schnitt ist allerdings nicht optimal für Dich, finde ich. Der ist eher etwas für diese flachen Model-Typen und Du hast ja eine wunderbar weibliche Figur.
Übersetzt: nettes Kleid, gute Farbe aber Du siehst fett darin aus mit Deinen Kurven.
Es ist ja nicht so, dass man das in Deutschland nicht kennt. Auch da versucht man die Gefühle von Leute zu schonen, wenn es geht. Allerdings ist in Deutschland die Tendenz Größer im Zweifelsfall die brutale Wahrheit im Namen der Ehrlichkeit zu sagen und hier die Tendenz im Namen des Friedens die Wahrheit in Watte zu verpacken.
Kulturelle Unterschiede
Wie so oft, ist nicht das eine besser als das andere, es sind einfach verschiedene Arten das gleiche Ziel zu erreichen. In diesem Fall: jemand zu in einer Art und Weise zu kritisieren, dass der Kritisierte das mitbekommt und die Kritik ernst nimmt ohne dabei tödlich beleidigt zu werden.
Wenn man will, kann man die amerikanischen Normen für albern halten oder die deutschen für aggressiv aber das ändert nichts daran, wie die Lage ist. Als Deutscher in den USA muss man sich angewöhnen, so zu kritisieren, dass nicht jeder sofort beleidigt ist und die Kritik deshalb nicht ernst nimmt. Als Amerikaner in Deutschland muss man lernen, dass Kritik, die direkter ist als in den USA die Norm ist und man nicht gleich eingeschnappt sein darf.