MontanaIch war noch nie in Montana.  Irgendwie verpasse ich immer die drei Monate, in denen es da angenehme Temperaturen hat.  Okay, vielleicht sind es auch vier Monate, aber mehr sicher nicht.  Es muss wunderschön dort sein.  Und eine Wahl haben sie jetzt auch.  Alle Augen auf Montana und die Telefone bereit!

Montana

Yellowstone Park, Bildquelle für dieses und das Bild oben ist hier.

Am besten ist Montana wohl für den Yellowstone und den Glacier Nationalpark bekannt.  Darüber hinaus gibt es noch andere Sehenswürdigkeiten und Naturschönheiten.  Überhaupt gibt es Natur pur und sonst nicht viel.

Montana

Glacier National Park ist ungefähr ein Zehntel der Größe der Schweiz.

Ist ja auch keine Überraschung, wenn man sich überlegt wo der Name Montana herkommt: vom spanischen montana (mit einem Würmchen auf dem zweiten n), also Berg.  Ganz Montana hat gerade mal ein paar Leute mehr als San Jose, und das auf auf einer Fläche, die etwas größer ist als die von Deutschland (381.153 Quadratkilometer gegen Deutschlands 357.376)  – eng wird es da nicht so schnell. Die größten Städte sind Billings mit knapp über 100,000 Leute und dann Missoula, das schon kleiner als Konstanz ist.  Great Falls, Bozeman und Butte bringen immerhin mehr Einwohner als Radolfzell zusammen.  Die Hauptstadt Helena ist mit noch nicht mal 30.000 Leute doch recht übersichtlich.

Meine Freundin lebt da seit Jahren.  Sie ist auf einem Trip durchs Land da mehr oder weniger hängen geblieben. Kalifornien war ihr zu teuer geworden und der weite Himmel in Montana gefiel ihr.  Ausserdem macht ihr das kalte Wetter nicht soviel aus.  Seit sie da lebt denke ich mir jedes Jahr im Frühling: “diese Jahr schaffst Du es” und jedes Jahr im September denke ich mir “Scheisse, schon wieder September” und höre dann auch von ihr, dass der erste Schnee bald kommt. Dann halt nächstes Jahr.

Die Menschen in Montana

Montana, Karte von WikiNach so ca. 8 Jahren ist meine Freundin mittlerweile so weit, dass sie einigermassen akzeptiert wird.  Um als “Montanan” akzeptiert zu werden muss am a) dort geboren sein, b) im ersten Lebensjahr dorthin verbracht worden sein oder c) findest 30 Jahre dort gelebt haben.  Alles andere sind “Reingeschmeckte”, wie man in Konstanz sagen würde. Wie in vielen Landesteilen sind anscheinend die Kalifornier besonders verhasst, weil sie kommen und so Dinge sage wie “Was, 250.000 Dollar für ein Haus, das ist ja super-billig, da nehme ich gleich zwei.” Danach kommt dann die Frage “Wo ist den hier das nächste vegane Restaurant?” und schon ist’s vorbei. Ich habe lange Zeit geglaubt, dass man uns sonnige, liberale Kalifornier überall liebt – das war leider eine fatale Fehleinschätzung.

Meine Freundin beklagt sich nicht, die Menschen sind freundlich zu ihr, hilfsbereit, nett – aber sie ist eben keine von dort.  Das wird sich auch so schnell nicht ändern. Sie engagiert sich viel in der Stadt, in der sie jetzt lebt, das hilft, man hält sie dann für eine vernünftige, nette Kalifornierin, mir der man auskommen kann.  Aber eben immer noch eine Kalifornierin.

Etwas anderes, dass man, wenn man in der Bay Area lebt, nicht vergessen darf, ist das Montana weiss it. Fast 90% der Menschen sind weiss, danach kommen Menschen indianischer Abstammung, Asiaten, Schwarze: weniger als 1%.  Das ist in einem Land, in dem nach wie vor so vieles unter dem Gesichtspunkt der Rasse gesehenen interpretiert wird, ein wichtiger Punkt.

Montana und die Politik

Montanans sind politisch nicht so einfach zu kategorisieren, wie z.B. Kansas oder Nebraska.  In der letzten Wahl hat Trump dort 56% erlangt und wenn man sich die Karte mit den Bezirken anschaut sieht man viel rot für republikanisch und ein bisschen blau dazwischen.  Allerdings ist Montana nicht dunkelrot, Bill Clinton hatte die Mehrheit dort und sie haben sie einen Demokraten, Steve Bullock, als Gouverneur gewählt und einer der beiden Senatoren ist auch ein Demokrat.

Was ich von meiner Freundin höre ist, dass Montanans sehr unabhängig sind, sie wollen keine Hilfe von außen, sie wollen sich selber helfen können.  Sie wollen Jobs, um ihre Familien zu ernähren, keine Staatshilfen. Deshalb haben sie Trump gewählt, weil er versprach wieder Jobs zu schaffen. Sie verstehen aber auch, wie wichtig die Umwelt ist, für sie und ihre Art zu leben und der Tourismus, der jedes Jahr Millionen mehr als 3.5 Millionen Menschen allein in den Yellowstone Park bringt.  Vereinfacht sind Montanans so, wie man sich den typischen modernen Cowboy vorstellen würde: Holzfällerhemd, Pick-up Truck, Gewehr zum Jagen, etc.  Allerdings, versichert mir meine Freundin, wird hier nicht gejagt, um sich hernach einen Kopf an die Wand nageln zu können, hier wird gejagt, um das Wild zu essen.

Montana hat nur einen Abgeordneten, dieser Mensch repräsentiert die größte Anzahl von Menschen im gesamten US Kongress.  Und der muss jetzt neu gewählt werden, weil der gewählte Amtsinhaber Ryan Zinke, jetzt Innenminister ist (der Job ist anders als in Deutschland und hat hauptsächlich mit der Erhaltung von staatlichem Land, dem Management desselben und den National Parks zu tun). So, und jetzt wird es interessant.  Ich hab ja schon geschrieben, dass die Wahl nicht unterschiedlicher sein konnte, wenn man mal davon absieht, dass es natürlich wieder zwei weisse Männer sind, die antreten.

Reicher Nicht-Montana Unternehmender gegen Montana Country-Musiker
Montana

Er brüstet sich damit, mit einem der Trump Söhne  arme kleine Nageviecher jagen zu gehen. Igitt!

Zum einen haben wir Greg Gianforte, Republikaner, einer der Verrückten, die glauben, dass die Welt in 7 Tagen geschaffen wurde, so wie es in der Bibel steht und der auch Geld für ein Kreationismus Museum gespendet hat.  Er ist/war Unternehmer, ist reich, lebt seit vielen Jahren mit Frau und vier Kindern in Montana – aber ist nicht aus Montana.  Ich sagte ja schon: das ist ein Problem.  Man mag ihn nicht, er ist unsympathisch, wirkt arrogant und biedert sich an.  Erst gestern hatter er ein Bild of Twitter, dass ihn beim Kaufen von Munition zeigt.  Er will Prairiehunde, süße, kleine in Höllen lebende Nagetiere, schiessen.  Meine Freundin meinte nur, dass man sowas in Montana nicht tut, man schiesst nicht aus Vergnügen (es gibt natürlich immer Ausnahmen, Idioten gibt es überall). Ausserdem hat er anfänglich Trump lautstark gelobt auch für Dingen, die in Montana nicht so gut rüberkommen, wie umweltverschmutzende Pipelines. Das macht er jetzt seltener.  Ich konnte mir mehrere Male nicht verkneifen, ihm ätzende Kommentare zurückzutweeten.  Ich hab nicht gedacht, dass ich auf meine alten Tage noch zum Internet-Troll werde, aber wie gesagt, Ungewöhnliche Zeiten – ungewöhnliche Mittel.

Montana

Rob Quist mit Klampfe, so kennt man ihn in Montana.

Dann haben wir auf der demokratischen Seite Rob Quist. Bekannter Musiker, in Montana geboren, zur Schule gegangen, man kennt ihn, man mag ihn, selbst die, die ihn nicht wählen werden sagen, dass er ein guter Kerl ist. Er hat, genau wie Gianforte, keine politische Erfahrung, da sind sie sich gleich. Nachdem er als Kandidat gewählt worden war, waren jede Menge Menschen erstmal etwas verwundert.  Musiker, unerfahren – wie soll das gehen.  Die Sache ist, es funktioniert ganz gut.  Er startet mit einem Nachteil, 2016 wurde mit Zinke eine Republikaner gewählt, und anfänglich ging die ganze Kampagne recht langsam los. Ein Tweet hier, ein kurzes Artikelchen da – nicht viel.  Aber wie in Georgia, ist es ihm gelungen viele Leute dazu zu animieren (darunter mal wieder mich) kleine Summen Geldes zu spenden.  Jetzt, wo die heisse Phase in Georgia erstmal vorbei ist kehrt sich das Augenmerk der kollektiven Demokraten nach Montana.  Man wagt zu hoffen, er könnte es schaffen. Die Tweets werden häufiger und haben mehr Substanz als die von Gianforte, der ständig nur solchen Dinge tweetet wie “war super die Mitglieder des soundso Clubs zu treffen und darüber zu reden, wie toll Montana ist”.  Jetzt soll Bernie kommen und Quist unterstützen.  Ich war mir nicht sicher, ob das eine gute Sache ist, Bernie ist doch sehr liberal aber meine Freundin meint, Bernie hat viele Anhänger in Montana, der zieht.  Also ist es eine gute Sache.

Und so hoffen wir, spenden Geld, animieren andere dazu das gleiche zu tun.  Die, die gerne telefonieren, rufen in organisierten Anrufaktionen demokratisch registrierte Wähler and und versuchen sie dazu zu bringen, auch wirklich zur Wahl zu gehen.

Noch eine Hoffnung, einen kleinen Schritt nach vorne zu machen, eine weitere Stimme im Repräsentantenhaus zu bekommen und vor allem ein Zeichen zu setzen, dass die lange schlafende demokratische Mehrheit aufgewacht ist und gegen den Schwachsinn ankämpfen wird.