Politische Korrektheit – political correctness – war lange eine echt amerikanische Sache, jetzt scheint sich das Konzept auch in anderen Länder breit zu machen. Hier die Perspektive einer, die seit fast 20 Jahren politisch korrekt ist und das nicht immer einfach aber trotzdem notwendig findet.
Aller Anfang ist schwer, ob das Essen mit Stäbchen, Anfahren am steilen Hügel in San Francisco oder politische Korrektheit ist, es muss geübt werden.
Das mit der politischen Korrektheit dauert am längsten, denn, ich sag mal so, uns deutschen Kindern des letzten Jahrtausends wurde das nun nicht gerade mit der Muttermilch eingfloesst. Und Deutsche sind ja bekanntlich ohnehin direkter als Amerikaner.
Politische Korrektheit – die Amerikanische Definition
Fangen wir mal mit der Definition an, das ist für meinen naturwissenschaftlich geschulten Verstand immer ganz logisch, also die Google Definition übersetzt geht so:
Das – oft als extrem verstandene – Vermeiden aller Ausdrücke und Verhaltensweisen, die verstanden werden können als ob sie Gruppen, die sozial benachteiligt oder diskriminiert sind, beleidigen, an den Rand drängen, oder ausschliessen würden.
Das ist an sich nichts Schlechtes, denn man lernt schon in der Grundschule, dass man auf Schwächeren nicht herumhacken soll. Wie weit kann/soll/muss das gehen ist allerdings die Frage. Darf man kein kleines Witzchen über Asiaten machen, oder Leute mit Zahnspangen, oder Mantafahrer, oder solche, die immer nur Schnitzel und Pommes essen?
Muss man sich die “Mutter-Frage” stellen, also die Frage “was wäre wenn alle Witzchen über Asiaten oder Leute mit Zahnspangen oder Mantafahrer, oder solche, die immer nur Schnitzel und Pommes essen machen würden? (so genannt, weil es ein häufige Frage meiner Mutter war, wenn ich als Teenager mal wieder irgendwas tun wollte – z.B. die Mauer des Gefängnisses nachts bunt anmalen – was bei normalen Standards blöd, kindisch oder gesetzeswidrig war).
Macht es einen Unterschied wo man lebt und wie divers die Gesellschaft dort ist?
Liegt es nicht in der Natur des Menschen zu verallgemeinern?
Kann man es nicht auch mit der politischen Korrektheit übertreiben, wenn jede kritische Bemerkung an jemanden einer anderen Rasse gleich als Rassismus interpretiert wird? (Es geht meinem Sohn in der Schule manchmal so, als weisser Bub werden ihm von nicht freundlich gesonnen Mitschülern kritische Bemerkungen gegenüber Chinesen, Mexikanern, Indern, Mädchen gern als Rassismus oder Sexismus ausgelegt).
Zum letztern sag ich ja, man kann es übertreiben und es wird übertrieben wenn Kritik nicht vertragen wird und deshalb jede Kritik – berechtigt oder unberechtigt – als Kritik nicht an der Person oder ihren Taten sondern and der Rasse oder dem Geschlecht umdefiniert wird. Das wird leicht zum Totschlagargument.
Politische Korrektheit hat ihren Sinn
Aber ich glaube – obwohl ich mit meinem schwarzen Humor oft darunter leide – dass politische Korrektheit in diversen Gesellschaften notwendig ist. Es kann keinen einigermassen zivilen Diskurs geben, wenn einige ständig umsanktioniert bösartige rassistische oder andere diskriminierenden Bemerkungen machen. Man kann es nicht zulassen dass in Schulen oder auf der Arbeit eine Gruppe Menschen von den anderen systematisch beschimpft oder gegängelt wird nur weil sie anders aussehen, eine andere Religion haben oder schwul sind oder was auch immer.
Und trotzdem mache ich im kleinen Kreis Witzchen machen über – das sag ich jetzt nicht, sonst wär’s ja öffentlich.
Öffentlich vs Privat – hier liegt der Unterschied
Aber hier genau, finde ich, liegt der Unterschied. Wenn ich zu meinem Mann oder meinen Freunden eine politisch nicht korrekte Bemerkung mache dann verstehen die das, wissen wo das herkommt und dass ich deshalb nicht morgen hergehe und auf der Strasse wildfremde Menschen beschimpfe oder Schlimmeres. Sie wissen auch, dass ich recht enge Grenzen habe, mich also z.B. niemals über Behinderte auslassen würde und dass meine Bemerkungen nicht von Hass getrieben werden sondern meist von Frustration (ich neige dazu nicht ganz objektiv zu sein, wenn es um Autofahrer und ihre Kompetenz geht, so im Sinne von “Fahrer mit Hut”) oder meist einfach nur verallgemeinerte Beobachtungen sind.
Das ist grundlegend anders als öffentliche Beschimpfungen ganzer Gruppen und Pauschalurteile.
Politische Korrektheit vs. Gute Umgangsformen
Dieses Thema hat sich heute aufgedrängt, weil ich mal wieder www.Huffingtsonpost.de gelesen habe und einen kurzen Beitrag von einem Mann gelesen habe, der, viel gereist, seiner Meinung Ausdruck verlieh, dass es in Deutschland oft rauh zugeht und unfreundlich und dass ein bisschen mehr Freundlichkeit keinem schaden würde. Dass es also nicht so sehr um politische Korrektheit geht als darum sich erst gar nicht wie ein Arsch zu benehmen (das sind jetzt meine Worte, nicht seine). Dann tat ich, was man niemals tun sollte, vor allem nicht früh morgens vor dem Aufstehen – ich hab ein paar Kommentare gelesen. Boah, ging’s da zu. Das er doch hätte weg bleiben sollen war noch in der freundlichen Kategorie, persönlich Angriffe auf ihn und seine Karriere, Beschimpfungen, etc. Nun kann man zu dieser ganzen “in der Südsee ist die Welt noch heil und alle sind lieb zueinander” Geschichte stehen wie man will, man kann sie auch kritisieren und mit gut untermauerten Argumenten das Gegenteil behaupten aber was man nicht sollte ist den Mann persönlich angreifen. Der hat was erlebt, was die wenigsten erlebt haben, kam kann ihm zuhören und dann nicken oder argumentieren oder sagen “interessiert mich nicht” und dann was anderes lesen.
Obwohl mir heile Südsee-Welt auch suspekt ist muss ich dem Mann recht geben: das hat noch nicht mal was mit politischer Korrektheit zu tun sondern mit fundamentalen Umgangsformen. Vielleicht würden wir weniger Diskussionen über die Vor- und Nachteile der politischen Korrektheit brauchen, wenn mehr Leute Manieren hätten.
Eric
An eine heile Südsee-Welt glaube ich nicht. Heute nicht mehr…
Die politische Korrektheit ist leider out.
Das zeigt das Wahlergebnis in den USA, das zeigt die Situation in Europa.
Es interessiert niemanden mehr, politisch korrekt sein zu wollen, denn das sind mittlerweile diejenigen, die untergebuttert werden.
Meine persönliche Meinung ist, dass die Medien in den vergangenen Jahren erheblich dazu beigetragen haben, dass man niemandem mehr glaubt.
Wenn selbst die Tagesschau es vermeidet über die vergewaltigte und getötete Freiburger Joggerin zu berichten, stellt sich mir die Frage nach dem warum!
Wenn ich hierzu meine Meinung äußern würde, würde mir wahrscheinlich Ausländerfeindlichkeit nachgesagt aber davon bin ich weit entfernt!
Man muss sich halt mal die Frage stellen, wer die “Neu-Kriminellen” in Deutschland sind. Und diese Art der Kriminalität hat nichts mit “na ja, das war ein Fehler, ich sehe das ein” zu tun.
Auto-Raser in Köln, die einfach so akzeptieren, unschuldige Leute zu töten.
Wenn unsere Gesetzgebung endlich einmal so weit wäre, diesbezüglich wegen Mord anzuklagen, wären wir einen Schritt weiter.
Es liegt einiges / eher vieles im Argen…