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Eine Konstanzerin in Kalifornien

Indirekte Präsidentenwahl über Wahlleute

WahlleuteDie USA hat ein etwas merkwürdiges System, um seine Präsidenten und Vize-Präsidenten zu wählen.  Es gewinnt nicht der/diejenige, der/die die meisten Stimmen bekommt, sondern der/diejenige der/die die meisten Stimmen von Wahlleuten bekommt (ich sag jetzt mal Wahlleute um mir die Wahlmänner/frauen zu ersparen – im englischen sagt man electoral college).  Das führt zu ungerechten Ergebnissen.

Wahlleute

Al Gore hatte im Jahr 2000 mehr Stimmen als Bush aber verloren die Wahl trotzdem.

Wer sich noch an die Wahl im Jahre 2000 erinnert weiss, dass Bush nur nach einem langen Hickhack und wiederholtem Stimmenzählen in Florida vom Obersten Gerichtshof als der Gewinner der Wahl genannt wurde.  Dabei hatte Al Gore, sein Herausforderer und der damalige Vize-Präsident insgesamt mehr Stimmen.  Es waren zwar nicht viel mehr,  die Zahl, die genannt wird ist  543,895 – also 0.5% – aber immerhin.

Bush gewann, weil er mehr Wahlleute hatte.  Er hat angeblich in Florida 537 Stimmen mehr als Al Gore, bei über 6 Mio Stimmen nicht überzeugend vor allem weil es viele Kritiker gab, die sagten, die Wahl in Florida sein nicht fair gewesen (das ist aber eine andere Geschichte).  Aufgrund dieser 537 Stimmen bekam er alle Wahlleute von Florida und gewann damit die Wahl mit 271 zu 266 Wahlleuten.

Den Rest kennen wir: 8 Jahre Bush.  Die Welt würde heute anders aussehen, wenn Al Gore, ein früher Kämpfer für den Klimaschutz, damals gewonnen hätte.

Clinton hat 1,7 Millionen mehr Stimmen als Trump und verliert trotzdem
Wahlleute

Die Mehrheit der Amerikaner – 1,7 Millionen mehr – haben Hillary gewählt, aber Trump gewinnt.

In dieser Wahl ist es der Unterschied zwischen Clinton und Trump deutlich größer. Die Mehrheit der Amerikaner, nämlich ca. 1,7 Millionen mehr haben Hillary Clinton gewählt als Trump.  Nur sind die dummerweise so verteilt, dass sie nicht die nötigen Wahlleute beibringen.  Wie ist das möglich?

Wahlmänner und -frauen – das electoral college

Also, das mit dem Wahlleute-System geht folgendermassen:

Es gibt 538 Wahlleute, das entspricht der Zahl von Abgeordneten im Repräsentantenhaus (435) + Senatoren (100) + 3 extra für Washington DC (aufgrund ihres Sonderstatus als Bundes-Bezirk und nicht Staat haben sie keine Abgeordneten, die 3 Wahlleute gleichen das für Präsidentschaftswahlen aus).  Derjenige der 270 Wahlleute hat, gewinnt die Wahl.

Das amerikanische Volk wählt als den Präsidenten und den Vize nur indirekt.  Sie kreuzen zwar den Namen des gewünschten Kandidaten/der Kandidatin auf dem Stimmzettel an, aber im Endeffekt wählen sie einen der Wahlleute, die dann wiederum den Präsidenten wählen.  48 der 50 Staaten haben das System, dass der Gewinner in einem Staat alle Wahlleute en bloc bekommt.  Maine und Nebraska sind die Ausnahmen, da werden die Stimmen der Wahlleute anteilsmäßig vergeben.

Dieses System gibt auch kleinen Staaten, oder eher Staaten mir wenigen Leuten, die Möglichkeit Wahlen zu entscheiden. Als Kandidat kann man sich also nicht nur auf die bevölkerungsreichen Staaten wir Kalifornien konzentrieren sondern muss sich auch auf die kleinen/bevölkerungsarmen Staaten achten.

Klingt doch ganz vernünftig, oder, so muss nicht ganz USA nach der Pfeife von en paar Staaten mit vielen Leuten tanzen.  Vielleicht machte das auch irgendwann einmal Sinn, als es noch alte/etablierte Staaten im Osten gab aber der Rest noch der wilde Westen war.  Aber heute scheint es ungerecht. Das kleine Staaten so ein größere Macht haben liegt an folgendem Problem:

Wahlleute = Abgeordnete plus Senatoren

Die Abgeordneten fürs Abgeordnetenhaus werden basierend auf der Bevölkerungszahl vergeben – mehr Leute – mehr Abgeordnete.  Momentan sind es 435 Abgeordnete, wobei Kalifornien basierend auf seiner Bevölkerungszahl die meisten Abgeordneten, nämlich 53 hat.  Die Zahl 435 ist seit 1911 fix und alle 10 Jahre wird geschaut, ob das was angepasst werden muss.  Staaten, die Leute durch Abwanderung verloren haben können weniger Abgeordnete bekommen um solche mit mehr Zuwanderung mehr.  In 10 Jahren kann viel passieren, so hat die Bevölkerung Kaliforniens zwischen 2000 und 2010 um fast 10% zugenommen (wie viele davon wählen können ist eine andere Frage).  Jeder Staat hat mindestens einen Abgeordneten – auch wenn die Bevölkerungszahl nur für, sagen wir, einen halben, ausreichen würde.

Allerdings hat jeder Staat – gross oder klein, viel oder wenig Leute 2 Senatoren.  Das heisst, dass Wyoming mit etwas über 580,000 Leuten zwei Senatoren hat, genauso wie Kalifornien mit 38 Millionen.

Wahlleute

Die Graphik zeigt wieviele Menschen auf einen Wahlmenschen kommen, je größer die Zahl, desto geringer ist die wirkliche Repräsentation pro Person in einer Wahl.

Und da liegt eines der Probleme begraben: Kalifornien hat 53 + 2 also 55 Wahlleute wohingegen Wyoming mit 580,000 Leuten 1 + 2 = 3 Wahlleute hat.  In Wyoming kommt also ein “Wahlmensch” auf 193,000 Leute und ein paar Zerquetschte und in Kalifornien auf 691,000 minus ein paar Zerquetschte.  Die Leute in Wyoming und anderen bevölkerungsarmen Staaten wie Alaska sind also überrepräsentiert verglichen mit Kalifornien (oder auch Texas).

Sowas kann Wahlen entscheiden – und zwar zugunsten des Verlierers – wie man jetzt schon zum zweiten Mal in den letzten 20 Jahren sehen kann.

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2 Comments

  1. Eric

    Ich weiß nicht ob das “Wahlleute-System” nicht fairer ist als eine Direktwahl.
    In den USA gibt es ja krasse Unterschiede der Bevölkerungszahlen in den unterschiedlichen Bundesstaaten.
    Dein Beispiel – Wyoming – Kalifornien – macht das klar.
    Gegenüber Kalifornien, wäre Wyoming um das 3,58-fache “überrepräsentiert”, bei dem “Wahlleute-System”.
    Bei einer Direktwahl sähe ich die Gefahr, dass die Kandidaten dann ausschließlich einen Vorteil in den bevölkerungsreichen Staaten anstreben würden. Das wären die Staaten in denen auch die meisten Großstädte, Ballungszentren, Arbeitgeber wären. Die Folge wäre doch, dass die Staaten des “Heartlands” so gut wie gar nicht mehr berücksichtigt würden.
    100% Konzentration auf Kalifornien = 38,000,000 Stimmen
    0% Konzentration auf Wyoming = – 580,000 Stimmen
    Verhältnis: 65 : 1
    Das ist ein Extremst-Beispiel und natürlich so nicht realistisch.
    Aber ich denke es zeigt auf, was ich befürchten würde, nämlich ein Sterben der bevölkerungsarmen Staaten – der Landregionen -, da diese nicht mehr im Fokus der Politik wären.
    Keine Investitionen, keine Infrastruktur, keine Arbeitgeber, keine Zukunft.

    • Californiagirl

      Es hatte sicher gute Gründe, warum dieses System damals eingeführt wurde und einem so grossen Land mit so unterschiedlicher Bevölkerungsdichte kann man die Argumente dafür schon verstehen. Aber natürlich fühlt man sich als Kalifornier schon verarscht, wenn die eigene Stimme wenig als 30% der eines Menschen in Wyoming zählt. Tatsache ist auch, dass jetzt Kalifornien (für Texas ist das sicher genau so) sehr wenig Beachtung im Wahlkampf bekommt. Ich weiss nicht ob Trump überhaupt da war, Hillary schon, aber wenn, dann nicht um Reden vor grossen Mengen zu geben, sondern um sich mit reichen Spendern zu treffen. Das ist jetzt nicht speziell für diesen Wahlkampf – nach Kalifornien muss keiner kommen, die wählen eh demokratisch, ist die Überlegung. Wenn dann unsere Stimme auch nur einen Bruchteil Gewicht hat fragt man sich schon, ob das noch sehr demokratisch ist.

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