Als wir am Montag morgen aus dem Haus sind, um in die Schule zu fahren roch es brenzlig. “Boah” sagte ich zu meinem Sohn “OJ (der ziemlich verrückte Nachbar) hat mal wieder den Kamin angefeuert, der Blödmann!” Dann fuhren wir los und mit einem Ohr – das Kind hat mal wieder nonstop geredet – hab ich vom Verkehrschaos in der Nord-Bay gehört. Auf dem Rückweg – ohne Kindergeschnatter – hab ich dann endlich kapiert: ich muss mich bei OJ entschuldigen. Es war nicht er, der gezündelt hat: Kalifornien brennt.
Category: Heimat
Wenn ich mal wieder so richtig aufrege über das Silicon Valley und die Schnauze voll habe von $5 Joghurts, Verkehrsstaus, überdimensionierten Bauvorhaben an jeder Ecke und der überheblichen Annahme, dass man eigentlich nur als Ingenieur, am besten natürlich als CE – computer engineer/Computer-Fachmann – was Wert ist, von Politik, den krampfhaften Überlegungen, was ich den noch tun kann, damit mein Sohn in die richtige High School kommt, damit er an die richtige Uni kommt und einmal einen dieser Ingenieursjobs bekommt, und ständigem Ärger mit den Telefon/Kabelanbietern, dann denke ich mir: ich brauch ein einfacheres Leben. Dann denke ich an Konstanz.
Okay, das wird heute ein motziger Blog. Wer also keine Lust auf Motzen hat, sollte den besser nicht lesen oder eben mit genug Abstand lesen, um nicht schlechte Laune zu bekommen. Ich hab eigentlich gar keine schlechte Laune – aber es sind mir doch in der letzten Zeit hier in Konstanz immer wieder Dinge aufgefallen von denen ich nicht vor ein paar Jahren gesagt hätte “das gibt es hier doch nicht, das ist ja ganz wie in Amerika”.
Am Wochenende telefoniere ich immer mit meinen Eltern, an Ostern, also heute, sowieso. Mein Dad liest sein einiger Zeit auch meinen Blog was natürlich toll ist aber auf der anderen Seite kann ich dann oft Dinge nicht mehr erzählen, “hab ich doch schon gelesen” krieg ich dann zu hören. Der Vorteil ist, dass man in viele Diskussionen viel schneller einsteigen kann. “Deinen Artikel über das dritte Gleis hab ich schon gelesen” meinte er vorher und so waren wir dann flugs beim Thema: Die Autobahn-Maut, das dritte Gleis der Deutschen.
Nachdem man den langen und teueren Prozess durchlaufen hat, der einem die Greencard beschert hat und dann brav alle Formulare des Einbürgerungsantrags ausgefüllt hat, seinen “Englischtest” bestanden hat und dann auch noch schlüssig erklärt hat, warum man in den letzten 5 Jahren 7 mal in Deutschland, 3 mal in Mexiko und 5 mal in Australien war, ist man qualifiziert Amerikaner/in zu werden. Dann kommt die Zeremonie zur Einbürgerung.
Heute stand ich mal wieder staunend vor einem Zeitschriftenregal hier in Konstanz. Ich konnte es gar nicht glaube wieviele das Landleben verherrlichende Magazine es mittlerweile gibt. Als ich das letzte mal genau hinschaute waren es zwei oder drei, jetzt müssen es 10 sein. Alles ein bisschen merkwürdig, fand ich, und began ein bisschen zum Thema Landliebe und Landflucht nachzulesen.
Gerade sind sie gegangen, die Freundinnen aus Gymnasiums-Tagen. Das mit dem Gymnasium ist ehrlich gesagt schon das eine oder andere Jährchen her und wenn ich ganz besonders brutal ehrlich sein möchte eigentlich eher schon das eine oder andere Jahrzehnt. Ich hab schon öfter geschrieben, dass es mir in den USA gefällt, wie schnell man Leute kennenlernt und ins Gespräch kommt. Hier gefällt mir was anderes: man hat Freunde fürs Leben. Auch wenn man schon 17 Jahre 12 Flugstunden und 9 Zeitzonen weit weg wohnt.
Was ist Heimat? Das ist eine Frage die sich sicher alle Expats – also (freiwillige) Auswanderer – früher oder später und mehr oder weniger heftig und häufig stellen. Wo gehöre ich hin – hier oder da, beides, nirgends? Wie wichtig ist der Begriff der Heimat für mich? Kann man zwei Heimaten haben – oder gar keine. Ich werde oft gefragt “Ja wo bist Du denn jetzt daheim – hier oder dort?”