Nach meinem ersten Blog zum Thema Pronomen, der sich mit dem richtigen Pronomen für Tiere und Menschen beschäftigt hat, nun noch eins zum Thema Dinge.
Tag: Sitten
Über die Freundlichkeit der Amerikaner im allgemeinen und der Kalifornier in speziellen hab ich mich ja schon in einem anderen Blog ausgelassen, aber ich möchte zusätzlich noch ein paar Worte zum Thema Hilfsbereitschaft in Kalifornien sagen. Vielleicht passieren solche Dinge einem auch in Deutschland, aber hier fällt es mir immer wieder auf.
Noch ein paar zusätzliche Hinweise zum Thema Autofahren in Kalifornien/den USA. Da die meisten Touristen viel fahren, ist es wichtig, sich mit den Regeln auszukennen. Hier noch zwei weitere zum Thema Abbiegen und Stoppen.
Es kann dem besten von uns passieren: man gerät in einen Polizei-Stopp. Das macht nirgends Spass, auch nicht hier in Kalifornien. Hier sind ein paar Hinweise, was man in solchen Fällen tut.
Jeder (na ja, fast, jedenfalls) amerikanische Mann mit einem schnellen Auto träumt von den deutschen Autobahnen, denn das Autofahren in Kalifornien ist mit den Geschwindigkeitsbeschränkungen deutlich langsamer als in Deutschland. Ich erzähle dann gern von den Geschwindigkeitsbeschränkungen fast überall und vom Kölner-Ring und dem endlosen Stau dort, den ich selbst zu häufig erlebt habe. Gelegentlich erzähle ich dann auch, dass man auf der A81 nach 10 Uhr nachts tatsächlich 200 km/h fahren kann und dass das ziemlich stressig ist.
Zum Thema Geld und Bezahlen in den USA gibt es einiges zu sagen, was für einen Touristen interessant und wichtig ist.
Zum ersten: Kreditkarten regieren die Welt hier. Jeder zahlt (fast) alles mit Kreditkarte. Unter $5 ist es manchmal ein Problem aber darüber ist die Kreditkarte der Standard. Findet auch keiner blöd, regt sich keiner auf, nirgendwo wird man schief angeschaut und gefragt „haben Sie kein Bargeld?“
Im Gegenteil, man wird eher schief angeschaut, wenn man Bargeld herauskramt, vor allem für größere Beträge. Niemand käme hier auf die Idee eine Hose für $50 mit Bargeld zu bezahlen. Für eine Touristen ist es die beste und sicherste Methode mit Kreditkarte zu bezahlen. Bargeld kann man verlieren, Kreditkarten zwar auch, aber zumindest haftet man dann nur für einen geringe Betrag. Also nur keine falsche Zurückhaltung: im Supermarkt für $11.59 Lebensmittel gekauft: Kreditkarte, beim „drug store“ Shampoo und Sonnencreme erstanden: Kreditkarte, bei Tia Maria Tacos verdrückt: Kreditkarte. Einzige Ausnahmen: Flohmärkte, Bauernmärkte und Bastel/Kunstmärkte, da hat nicht jeder von den kleinen Händlern eine Kreditkartenteil fürs iPhone, da ist es besser mit Bargeld anzurücken. Und bei Taxis besser vorher fragen, die meisten nehmen mittlerweile auch Kreditkarten. Man muss es auch nicht übertreiben, die Kaugummipackung zahl ich in der Regel auch mit Geld, auch wenn Kreditkarte ginge.
Bargeld
Man sollte sich auf deutschen Banken idealerweise keine Scheine über $20 andrehen lassen. Fünfziger gehen noch, wenn es sein muss, aber bei einem Hunderter bricht in der Regel die Panik aus, wenn man bezahlen will. Ob es höhere gibt weiß ich nicht, gesehen hab ich noch nie einen. Der Zwanziger ist das Maß aller Dinge, auch wenn man größere Beträge mit Bargeld bezahlen will/muss kommen Zwanziger zum Einsatz. Alles drüber wird zu viel gefälscht und Läden nehmen die ungern an. Einer, Fünfer und Zehner sind natürlich auch kein Problem. Um so mehr sollte man die Kreditkarte benützen, um für größere Einkäufe (alles über $20) zu bezahlen.
Münzen
Ein paar Erklärungen zu den Münzen. Die größten heißen Quarters und sind 25 Cent wert, halt ein Viertel = quarter eines Dollars. Die winzigen silbrigen sind die Zehncent Stücke und heißen „Dime“, die größeren silbrigen Münzen sind 5 Cent Münzen, sie heißen „Nickel“. Die Cent Stücke, auch Penny genannt, sind klein und kupferfarben, so wie die Euro Cents.
Noch ein Wort zum Kleingeld abzählen, die deutsche Sitte an der Kasse zu stehen und 7.81 Euro auf den Cent genau aus dem Portemonnaie zu kramen und abzuzählen ist hier völlig unüblich. Wenn es $7.81 macht und man mit Bargeld bezahlt gibt man $10, $8, $10.01, oder $8.01 oft gibt es an der Kasse ein kleines Gefäß, in das Leute ihre Rückgeld-Cents hineingeben. Da kann man sich dann eine Cent rausholen, um eine Flut vonRück-Kleingeld zu vermeiden. Aber drei Minuten durch die hintersten Winkel der Geldbörse zu graben, um alles ganz genau abzuzählen wird hier nicht gemacht.
Die Amis sind in der Regel sehr höfliche und zuvorkommende Menschen. Natürlich gibt es Ausnahmen und Unterschiede zwischen Menschen und Regionen aber generell sind sie freundlich und nett. Höflichkeit ist wichtig hier und wird von Europäern gern abfällig mit Oberflächlichkeit gleich gesetzt – zwei Dinge, die aber nichts miteinander zu tun haben.
Man kann höflich und zuvorkommend sein, sich nicht vordrängeln und einen fremden Menschen anlächeln und sogar ein Kompliment machen, ohne dabei gleich oberflächlich zu sein oder Hintergedanken zu haben. Das ist einfach amerikanische Höflichkeit.
Hier ein paar Beispiele, die das Leben schrieb und die Sitten und ungeschriebenen Regel hier ganz gut illustrieren.
Komplimente
Ich hab eine grüne Stoffaktentasche, die ich mal billig beim Diskounter gekauft hat.
Der Stoff ist schön und grasgrün und das Ding fällt auf, vor allem auf Konferenzen, wo die große Mehrheit der Anwesenden aufregende Schattierungen von schwarz, grau und dunkelblau tragen. Ich habe schon Dutzende von Komplimenten von mit völlig fremden Menschen erhalten: auf dem Damenklo, im Gang, von Menschen die neben mir saßen oder einfach auf der Straße, wo mir Leute entgegen rufen „coole Tasche“. Da ist keinerlei Hintergedanken dabei, niemand will was von mir, keiner will sich einschleimen, die sehen einfach eine Tasche, die sie mögen und sagen der Besitzerin das. So einfach ist es.
Diese Komplimente sind immer harmlos, beziehen sich auf Taschen oder Schuhe, vielleicht mal auf den Haarschnitt oder die Lippenstiftfarbe. Niemals sind sie anrüchig. Wenn ich das in Deutschland erzähle, finden die Leute das komisch, verstehen nicht, warum die Leute das machen, sagen, dass sie das merkwürdig, blöd, verdächtig finden und suchen irgendwie nach einem versteckten Motiv. Gibt es aber nicht, die wollen einfach nur nett sein und mit der Zeit hab ich gelernt das zu akzeptieren und mich darüber zu freuen. Ich hab mich sogar schon dabei erwischt ebenfalls wildfremden Leuten ein Kompliment zu machen. Wenn ich mal wieder auf so einer schwarz-grau-dunkelblauen Konferenz bin und da ist eine Frau in einem pinken Kostüm oder einem gelben Kleid und man wäscht sich gerade so ganz einträchtig die Hände nebeneinander im Klo dann sag ich auch schon mal sowas wie „coole Farbe, das fällt wenigstens auf in dem See aus gedeckten Farben.“
Anlächeln
Es ist auch nicht unüblich hier, dass einem Wildfremde anlächeln. Man geht so seiner Wege und jemand kommt einem entgegen und man sieht ihn oder sie an und sie lächeln einem spontan zu. Da passiert dann auch nichts weiter, man lächelt zurück und geht seiner Wege, man bliebt nicht stehen und man denkt sich vor allem nichts Schlimmes. Hin und wieder ist mir das auch schon in Deutschland passiert, aber lange nicht so oft. Auch das ist hier ganz normale Höflichkeit.
Drängeln
Das ist jetzt ein Gegenbeispiel. Gedrängelt wird hier in der Regel nicht. Es gibt natürlich Ausnahmen, z.B. hab ich festgestellt, dass Chinesen das Drängeln schon sehr früh lernen und es bis ins hohe Alter perfektionieren, ob sie nun in China oder Silicon Valley leben. Aber generell wird hier Schlange gestanden und gewartet bis man dran ist. Im Supermarkt zum Beispiel, wenn es eine Schlange gibt und eine neue Kasse aufgemacht wird. Da kommen dann keine Ellenbogen zum Einsatz, da wird auch nicht jemand mit dem Wagen aus dem Weg gerammt, nur um weiter vorn in die neue Schlange zu kommen. Der nächste, der in der langen Schlange dran wäre seine Sachen aufs Band zu legen geht zuvorderst in die neue Schlange, das versteht sich von selbst (solange keine chinesische Oma in der Schlange steht).
Neulich hab ich ein echt peinliches Beispiel deutscher Drängelei erlebt. Ich war bei einer Konferenz und wir wurden mit einem gecharteten Bus zu einer Abendveranstaltung gefahren. Der Bus war voll – jeder Sitzplatz besetzt aber keine Stehplätze, zu gefährlich – und stoppte am Ziel, wo es zu essen und trinken gab. Reichlich, für alle, da musste man sich keine Sorgen machen, dass das Bier und die Häppchen ausgehen.
Ganz hinten, in den hintersten drei Reihen oder so saß eine Gruppe Deutscher Geschäftsleute. Der Bus hatte noch nicht richtig angehalten, als sie alle nach vorne stürzten, vorbei an Reihen anderen Leute, die vor ihnen saßen. So geht das hier nicht, das war ein Riesen Faux Pas. Unmut machte sich breit, man hörte Gemurmel wie „das lernt man hier schon im Kindergarten“ und es gab böse Blicke. Ich zog es vor mit einem deutschen Kollegen, die sich im übrigen astrein verhalten haben, für die Zeit des Aussteigens englisch zu sprechen. So was macht man hier einfach nicht, das ist ungehobelt und zeigt eine extrem schlechte Kinderstube.
Also, wenn in Amerika: Komplimente freudig akzeptieren, öfter mal Fremde anlächeln und nicht drängeln. Ein paar einfache Grundregeln der amerikanischen Höflichkeit.
Ich hab ja schon gestanden, dass ich recht naive in die USA gezogen bin, mit zwei Koffern und ein paar Boxen und gedacht hab “Das ist sicher wie zu Hause nur größer und mit mehr Sushi.”
Seither hab ich das eine oder andere gelernt: zumindest in Kalifornien ist tatsächlich alles größer, oft viel größer und das Sushi ist spektakulär. Das mit dem „wie zu Hause“ war denn doch nicht so ganz richtig und ein paar Dinge fand ich am Anfang schwierig. Ich beschränke mich hier auf die, die bei einer Amerikareise relevant sein können.
Alkohol
Generell gilt: man läuft nicht einfach mit einer offen Bierflasche durch die Landschaft, man sitzt auch nicht irgendwo am Meer/Fluss/See und macht sich ein Fläschchen auf, denn das ist in der Regel verboten. Parks, Strände, öffentliche Plätze haben fast immer eine Alkohol-Verbot („No alcohol beyond this point“) und Restaurants, in denen man draußen sitzt und Alkohol trinken kann haben meist für einen definierten Bereich eine Konzession. Also drei Meter weiter an die Wand lehnen und Alkohol trinken geht nicht. Es gibt auch jede Menge Restaurants, die keine Alkohol-Konzession haben. Das trinkt man dann Wasser or Cola oder sowas. Dazu gehört McDonalds, die Idee bei McDonalds ein Bier zu trinken ist geradezu lachhaft für Amerikaner. Das ist sehr unintuitiv für viele Deutsche, ich denke da an den Rhein beim Rutsch und all die sommerlichen Parties mit Wein und anderem. Von so was würde ich hier eher abraten.
In Kalifornien haben wir es gut, wir gehen, wie in Deutschland, in den Supermarkt und kaufen Wein, Bier, Rum, Whiskey, etc., in Massachusetts, z.B. war das nicht möglich (es soll jetzt wohl ein bisschen liberalisiert sein), da musste man in einen „liquor store“ und die haben limitierte Öffnungszeiten und sind beliebt dann zu, wenn man sie braucht, also am Samstag abend. Dort durften wir auch von einer Uni-Party nicht mit einen Becher Bier von einem Gebäude über die Straße zu einem anderen laufen, denn da haben wir öffentliches Gelände überquert. Natürlich haben wir es trotzdem getan, aber wenn wir erwischt wurden gab’s Ärger.
Utah
Viele Kalifornienbesucher werden im Laufe einer Rundreise nach Utah kommen. Utah ist toll, die Nationalparks sind spektakulär; mit dem Alk haben sie es aber auch nicht so. Ich erinnere mich eines schönen Samstag abends im lieblichen (eher nicht so) Städtchen Mexican Hat. Wir wollten für nach dem Essen eine Flasche Wein im Laden holen und haben keine gesehen. Ich fragte also den Kassierer ganz unschuldig „wo ist denn hier der Wein?“ er sah mich ganz ernsthaft an, sagte „komm mit“ führte mich nach draußen auf die Straße, sah mich immer noch ganz ernsthaft an und sagte: „also, ihr fahrt diese Straße hier runter, so ca. 2 ½ Stunden, dann seit ihr in Arizona. Dort gibt es Wein zu kaufen.“
Ich muss wohl kaum erwähnen, dass wir den Abend bei Cola verbracht haben.
Kein Alkohol unter 21
Auch das mit den Trinken erst ab 21 wird sehr ernst genommen. Ich habe eine Bekannte, die mit 20 geheiratet hat und bei ihrer Hochzeit nichts trinken konnte. An diesem gesetzt gibt es nichts zu drehen: da hilft es auch nichts, wenn die Eltern dabei sind und über ihren 20-Jährigen sagen „der Bub darf das“. Darf er nicht in den USA, es ist gesetzlich verboten. Das erklärt dann auch, warum amerikanische Jugendliche im Ausland oft besoffen sind, erstens vertragen sie nichts und zweitens versuchen sie in zwei Wochen genug Alkohol für den Rest des Jahres zu konsumieren.
Deshalb muss man auch in Kalifornien bedenken: wenn man Alkohol im Laden kauft und auch nur eine Sekunde jünger als 40 aussieht muss man beim Kauf beweisen, dass man über 21 ist. Eine Reisepass sollte es tun, vielleicht auch ein Führerschein, Beteuerungen nützen in der Regel nichts. Man ist davor einigermaßen sicher wenn man im Brustton der Überzeugung sagen kann „junger Mann, sie könnten mein Sohn sein.“
Es ist alles weiter kein Problem und wir haben uns längst daran gewöhnt, aber am Anfang war es gewöhnungsbedürftig. Ich erinnere mich noch sehr genau, als ich zum ersten Mal die Wiesen am Charles River in Cambridge sah und zu meinen amerikanischen Bekannten sagte „da machen wir ein Picknick, mit Baguette und Käse und Rotwein.“ Sie haben mich nur angestarrt.
Wenn ich in Konstanz mit Freunden in ein Restaurant oder auch nur in die Eisdiele gehe macht sich grosses Unbehagen breit sobald ich die Karte ergreife. Dann kommt die Bedienung und ich sage sowas wie “also, ich hätte gerne die Pizza Nummer 8, aber ….” weiter komm ich meistens nicht, bevor zumindest eine die Augen verdreht und nicht zu leise murmelt “jetzt geht das schon wieder los”.
Ich wollte, ich geb’s ja zu, mal wieder die Pizza Nummer 8 aber eben mit Spinat statt Pilzen, oder Feta statt Gouda, oder den kleinen Salat ohne Zwiebeln oder den Eisbecher ohne Amaretto-Sauce. Ganz normal für mich, jeder bestellt immer was um in einem kalifornischen Restaurant, vom 5 Sterne Restaurant (okay, das kann ich jetzt nicht aus eigener Erfahrung behaupten) bis hin zur vietnamesischen Suppenküche. Man ist schon fast verpflichtet was umzubestellen – das geht einem ins Blut über, da kann man dann nicht so einfach mir nichts, Dir nichts mit dem Umbestellen aufhören nur weil man zwischendrin für 12 Stunden im Flugzeug sass, wo man gar nichts umbestellen kann (ausser man reist Business Class – oh, die Glücklichen).
Und So läuft es in Kalifornien
Der einzige Grund, nichts umzubestellen ist, wenn man eh schon 30 Optionen geboten kriegt. Das sieht am Beispiel eines Burgers so aus:
Gast: “Ich nehme dann den Cheeseburger”
Bedienung: “das Fleisch durch, halb durch oder roh?”
Gast: “halb durch”
Bedienung: “Fritten, Salat, Gemüse oder eine kleine Suppe als Beilage?”
Gast: “Fritten” (was sonst? Ehrlich!)
Bedienung: “normal, gelockt, mit Knoblauch oder lieber frittierte Zwiebelringe?”
Gast: “normal”
Bedienung: weisses Brötchen, Vollkorn, Ciabatta (noch drei Optionen, die man schon nicht mehr versteht)
Gast: “aehm, also, Vollkorn – denk ich”
Bedienung: “Gouda, Cheddar, oder Monterey Jack”
Gast: “hmm, egal, … Gouda”
Bedienung: “eine oder zwei Scheiben”
Gast (seufzt): “zwei”
Bedienung: “da gehört ein Getränk dazu: Cola, Cola Light, Sprite, Wasser, (noch sieben bis acht Optionen)”
Gast: “Cola Light” (man achtet ja auf die Kalorien!)
(noch eine Anmerkung: ein kaltes Getränk wird mit Eis serviert – immer. Vielleicht nicht im Winter in Alaska, aber selbst da bin ich mir nicht sicher. Wenn man also kein Eis will muss man das sagen – danach wird man nicht gefragt.)
Je nachdem, wie aufwendig das Gericht ist, kann das noch eine ganze Weile so weiter gehen und mit der Zeit einigermassen nervig werden.
Also liebe Konstanzer und andere deutsche Freunde: bitte habt Geduld mit mir, ich will niemanden ärgern und auch die Bedienung nicht an den Rand des Nervenzusammenbruchs treiben. Ich verhalte mich nur, wie eine Kalifornierin im Ausland.
Als ich vor vielen Jahren in die USA zog machte ich mir wenig Gedanken über solche Dinge wie Kulturschock. Die Amis, dachte ich, sind so wie wir, ich geh ja nicht nach Japan, wo eine nicht tief genuge Verbeugung einen Menschen tödlich beleidigen kann.
Stimmt ja auch, mehr oder weniger, manchmal eben weniger. Trotz aller kulturellen Nähe kann man auch in Amerika Fehler machen, die beleidigen, oder sich selbst beleidigt fühlen, auch wenn es gar nicht so gemeint war.
Hier ein Beispiel, das für USA Touristen relevant ist:
Wenn man in deutschen Restaurants bezahlen möchte schaut man sich um, und winkt die Bedienung heran. Wenn man Glück hat kommt er oder sie bald, dann sagt jeder was er gegessen und getrunken hat, das wir aufgeschrieben, ausgerechnet, jeder zahlt seinen Teil und gut. Jedenfalls läuft das bei den eher weniger feinen Anlässen mit meinen deutschen Freunden so.
Restaurant Etikette in den USA
In Amerika geht das anders und zwar gleich doppelt anders:
Oft, wenn auch nicht immer, bringt die Bedienung im Restaurant die Rechnung schon, bevor man sie angefordert hat. Plötzlich steht sie auf dem Tisch in einem Mäppchen mit Platz für die Kreditkarte und die Bedienung eilt mit einer Bemerkung wie “whenever you are ready” also ungefähr “tun Sie da die Kreditkarte rein, wann immer Sie soweit sind” davon.
Das ist normal, das machen wir hier so. Das ist kein Rausschmiss, keine Unfreundlichkeit, niemand will hier irgendjemanden beleidigen: die Bedienung ist proaktiv und bringt die Rechnung, ohne dass man danach fragen muss. Wenn man jetzt doch noch ein Desert möchte, oder einen Kaffee, dann sagt man das, er/sie nimmt die Rechnung wieder mit und bringt eine neue. Alles gut. Ich habe Deutsche erlebt, die sich furchtbar darüber aufgeregt haben, dass ihnen die Rechnung auf den Tisch gelegt wurde, bevor sie danach gefragt haben. Worte wie “Unverschämtheit” und “Frechheit” fielen und sie haben sich wahrscheinlich den ganzen Tag lang aufgeregt. Das muss nicht sein – ehrlich, es ist nicht bös gemeint.
Wenn’s dann ans Bezahlen geht muss man im Kopf behalten, dass die amerikanischen Bedienungen das Rechnungen-Splitten nicht beherrschen. Da kommt eine Rechnung und es wird erwartet, dass die von einer Person bezahlt wird. Oder – wenn man es kompliziert machen möchte – kann man die Rechnung einmal teilen, also jeder zahlt die Hälfte oder man sagt: belasten Sie diese Karte mit $30 und diese hier mit $50. Das Gedöns mit “ich hatte ein Bier, einmal Nudeln, einen halben kleinen Salat und einen Drittel Eisbecher” gibt es hier nicht. Gar nicht erst probieren.
Das ist zwar nervig und ungewohnt aber auch verständlich, denn man muss ja am Ende auf die Rechnung noch die Steuern geben, da wären wir dann bei einem Bier, Nudeln, einem halben Salat und einem Drittel Eisbecher plus 8.75% Steuern, oder was auch immer der Satz sein mag. Dann kommt noch der Tip (dazu in einem andern Blog). Das läuft nicht.
Wenn man mit der Familie essen geht ist es in der Regel eh egal, aber auf Reisen mit Freunden entweder darauf achten, dass man ungefähr gleich viel verzehrt – also nicht das Filet Mignon wenn die Freundin nur den Beilagensalat nimmt – oder man schreibt sich auf wer wann was bezahlt hat und rechnet am Ende (des Urlaubs, Tages, Woche) alles gegeneinander auf und leistet, wenn nötig Reparationszahlungen.
Alles halb so schlimm, wenn man weiss wie es läuft und ausserdem gibt jetzt wohl auch schon Apps, die dieses Problem zu lösen versuchen. ich hab noch keine ausprobiert aber hier ist eine, von der ich gelesen habe: Splitwise