Heartland ist der englische Ausdruck für die Mitte/das Zentrum eines Landes, also der wichtigste Teil. Hier in den USA definieren manche das heartland als alle jene Staaten, die keinen Ozean berühren und speziell den Mittleren Westen. Mit anderen Worten, diejenigen Staaten, die Trump gewählt haben. Eine meiner Freundinnen lebt seit Jahren in Montana – das ist heartland! Hier ein paar ihrer Beobachtungen.
Meine Freundin Pamela lebt seit Jahren in Montana. Da ist es schön, findet sie, und billiger als in der Bay Area. Ich bin mir sicher, dass beides stimmt, nur wären mir 9 Monate Fast-Winter, Winter und Immer noch-Winter (also Herbst, Winter und Frühling in normalen Breitengraden) dann doch zu kalt. Seit Jahren will ich sie besuchen und seit Jahren klappt es nicht, nicht weil ich mich ins heartland traue, sondern weil ich die paar wettermäßig akzeptablen Wochen verpasse oder in Konstanz bin. Zum Glück gibt es Skype.
heartland = Trump-Land
Pamela lebt – als liberale ursprüngliche Küstenbewohnerin – jetzt in Trump-Land und hat über die letzten Tage ein paar ihrer Beobachtungen und Schlussfolgerungen aufgeschrieben und mir die Erlaubnis gegeben sie hier zu teilen. Ein weiterer Erklärungsversuch und ein Lösungsansatz zum Trump-Problem – da sag ich nicht nein.
Pamela’s Brief an ihre liberalen Freunde an den Küsten, eine sinngemäße, keine wörtliche Übersetzung:
Ich habe die letzten sechs Jahre ausserhalb der “Küstenfilter-Blase” im ländlichen Montana verbracht. Meinen Nachbarn, wie vielen Amerikanern, ist Autarkie sehr wichtig. Sie sind stolz darauf sich, auf sich selbst gestellt zu sein und ihren Nachbarn auszuhelfen, wenn die Hilfe brauchen. Sie haben viele Kenntnisse und Fähigkeiten: sie bauen ihre eigenen Häuser, pflanzen ihr eigenes Gemüse und Obst an, sie jagen, fischen, reparieren ihre Autos, dosen Gemüse ein, kompostieren, brauen Bier, kochen, gerben Leder, nähen, züchten Tiere und spielen Gitarre. Sie sind Krankenschwestern, kleine Bauunternehmer, Buchhalter, Elektriker und Beamte. Die Hälfte hat ein College besucht – aber Schulabschluss oder nicht, es sind schlaue Leute.
Gute Jobs sind Mangelware
Und fast alle haben finanzielle Probleme, sie basteln sich ein Einkommen mit mehreren Jobs zusammen und um Endeffekt reicht es dann doch nicht. 30- und 40-Jährige, mit ihren Kindern im Schlepptau, ziehen wieder zu den Eltern, weil sie sich keine Wohnung leisten können. Den Eltern geht es z. T. besser, die haben noch Pensionen, aus den guten alten Tagen der sichern Jobs und Gewerkschaften. Diese Jobs sind heute praktisch nicht mehr zu finden. Viele haben auch keine Krankenversicherung. Wenn man z.B. ins Krankenhaus muss, um ein Kind auf die Welt zu bringen wird das mit der Kreditkarte bezahlt. Wenn es irgend geht ist medizinische Versorgung do it yourself. Notwendige Medikamente werden rationiert.
Das sind die Leute, die Trump gewählt haben.
Wer niemals erfahren hat, wie es ist intelligent und ausgebildet zu sein und trotzdem keinerlei Möglichkeiten zu haben wird es schwer finden diese Leute zu verstehen. Paart man diese Perspektivenlosigkeit noch mit dem starken Glauben daran, dass man selbst und ohne die Hilfe des Staates zurechtkommen muss ergibt sich ein fast unlösbares Problem.
In dieser Situation ist Jede Veränderung willkommen
Trump zu wählen ist für diese Menschen keine Ideologie, sondern hat seine Ursache in Verzweiflung und dem Wunsch, dass sich irgendwas ändern muss. Viele der Leute, die Trump gewählt haben, haben als Governor einen Demokraten gewählt und dafür gestimmt, dass Marijuana weiter legalisiert wird. Die Menschen in Montana sind praktisch orientiert und mit der Wahl zwischen “mehr vom gleichen” und “wir mischen alles auf” ist die Wahl nicht schwer: im ersten Fall ändert sich nichts, im letzteren hat man mindestens die Chance, dass sich etwas ändert.
Trump bietet schlechte Lösungen an. Aber wir können das Problem besser lösen als er.
Trumps Lösungen
Trump verspricht, dass er die Keystone Pipeline baut, Handelsabkommen neu verhandelt, die Chinesen bestraft, eine Mauer baut und Immigranten einem verschärften Aufnahmeverfahren unterziehen. Er sagt, er tut das, um amerikanische Jobs zu schützen, weil wir uns zuerst um unsere eigenen Leute kümmern müssen.
Währen ich und viele andere Fremdenhass und Rassismus in diesen Worten hören, hören diese Menschen, dass endlich jemand was tun wird, damit sie wieder Arbeit finden. Und, ja, seine Massnahmen werden vermutlich kurzfristig ein paar Jobs schaffen.
Aber um welchen Preis? Um welchen Preis für die Umwelt, die Grundrechte und internationale Beziehungen? Und vor allem für wie lange?
Das Problem ist nicht so kompliziert: Menschen ausserhalb der grossen Ballungsräume brauchen Arbeit und zwar Jobs des 21sten Jahrhunderts, nicht des 19ten.
Die Infrastruktur, die wir brauchen haben wir. Selbst ländliche Gegenden haben mittlerweile Internetanschluss und wenn nicht, ist es einfach einen zur Verfügung zu stellen. Online gibt es mittlerweile tausende von Klassen und Seminare, die technische Fächer unterrichten, oft zusammengestellt und unterrichten von guten Professoren an erstklassigen Unis. Diese Klassen sind oft umsonst oder sehr billig. Auf der anderen Seite haben wir tausende von Erwachsenen und Kindern, die lernen wollen. Wir müssen beides nur zusammenbringen.
Menschen für Jobs im 21. Jahrhundert vorzubereiten ist etwas, das wir heute anfangen können. Wir müssen und dürfen intelligent Menschen nicht in Fabriken zurückschicken wo sie Jobs machen, die in wenigen Jahren durch Automatisierung ohnehin wieder verloren gehen. Wir müssen keine Oel-Pipelines bauen, wenn die Zukunft in erneuerbarer Energie liegt. Unser Größtes Kapital sind unsere Menschen. Wir dürfen sie nicht vergeuden.
Lasst uns zukunftsorientierte Firmen und lokale Gemeinden verbinden und eine Wirtschaft des 21. Jahrhunderts schaffen, die gerechter und gleichmäßiger verteilt ist.
Das Original ist hier.