Ich hab ja das letzte mal über die Kontroverse, um das Knien statt Stehen während die Nationalhymne gespielt wird, geschrieben. Das ganze absurde Theater zieht weitere Kreise und natürlich geht es weder um Knien, Sport oder um Patriotismus sondern einzig und allein um Rassismus. Wenn man sich die Sportteams mal ansieht wird das auch klar: die Sportler sind mehrheitlich schwarz.
70% der Spieler in der National Football League sind schwarz. Der Prozentsatz Schwarzer an der Gesamtbevölkerung liegt bei ca. 13%. Das kann man jetzt auf verschiedene Arten erklären: schwarze Kinder spielen eher Football und Basketball, die weissen Baseball und von daher gibt es einfach mehr Nachwuchs; schwarze sind einfach die besseren Athleten in Sportarten die Geschwindigkeit, Kraft und Beweglichkeit verlangen oder schwarze Kinder und Jugendliche werden ermutigt diese Sportarten auszuüben, also so eine Art Druck der Gesellschaft in diese Richtung. Jeder Erklärungsversuch hier ist Minenfeld zwischen den Anschuldigungen Rassismus, übertriebener politischer Korrektheit und Glaube an genetischen Determinismus. Darauf will ich mich erst gar nicht einlassen. Tatsache ist: die NFL und NBA werden von schwarzen Spitzensportlern beherrscht.
Wie man jetzt sieht ist das auch okay so lange sie die Schnauze halten und gut spielen. Man sieht ihnen Affären und schlechtes Verhalten nach aber auf keinen Fall dürfen sie, das zeigt die momentane Debatte, protestieren oder sich politisch äussern. Das geht anscheinend zu weit! Der Tenor, den man raushört ist: “ihr verdient ein Schweinegeld und dürft als Job Sport treiben. Seit dankbar und still und wiegelt hier bloß nichts auf!”
Trevor Noah, der Sohn einer schwarzen Mutter und eines weissen Vaters geboren in Südafrika zu einer Zeit als Beziehungen zwischen den Rassen noch ein Verbrechen war, stellt neulich die entscheidende Frage: wann und wie dürfen Schwarze protestieren?
Die Antwort lag eigentlich auf der Hand: auf keine Weise und nie. Wie man jetzt sieht darf nicht leise protestiert werden, dass ist nicht patriotisch. Laute Proteste und Demonstrationen allerdings lösen oft übertriebene Reaktionen der Polizei und der rechten Presse aus. Da wird dann gleich von Mobs geredet, die plündernd durch die Städte ziehen, Rassenunruhen, Gewaltbereitschaft, etc.
Wenn hingegen schwer bewaffnete rechte Idioten durch Charlottesville marschieren, dann ist das freien Meinungsäusserung, die von der Verfassung geschützt ist. Man muss sich nur einmal vorstellen, was passiert wäre, wenn die Männer auf diesem Bild schwarz wären. Es hätte Tote gegeben, soviel ist sicher.
Wie subtil einem Rassismus manchmal untergejubelt wird ist mir neulich in einem Artikel klar gemacht worden. In dem Bericht wurden zwei Bilder gegenübergestellt, die jeweils eine Person fast brusttief im Wasser nach der Überschwemmung in Houston zeigte (Ich glaube die Bilder waren nicht aus Houston sondern noch von Katarina in 2008 in New Orleans, aber auch egal). Beide Personen zogen jeweils einen Plastiksack mit Lebensmitteln und/oder anderen Bedarfsartikeln hinter sich her durch die Brühe. In einem Fall war die Person weiß und die Bildunterschrift besagte so ca “Mann zieht einen Beutel mit Lebensmitteln, die er gefunden hat, hinter sich her durch die Fluten”. Im anderen Fall war die Person schwarz und die Bildunterschrift besagte: “Mann zieht einen Beutel mit Lebensmitteln, die er geplündert hat, hinter sich her durch die Fluten.”
Weisse finden, Schwarze plündern, Weisse üben ihr Recht auf freie Meinungsäußerung aus, Schwarze wiegeln auf, Weisse laufen schwer bewaffnet durch die Strassen und üben ihr Recht Waffen zu tragen aus, Schwarze sind eine tödliche Gefahr, wenn sie mit einem Plastikmesser in der Hand zwei Polizisten gegenüber stehen.
In dieser ganzen aufgeblasenen Diskussion geht es nicht um Patriotismus oder Respekt (ich finde, es gibt fast keine respektvollere Art des Protestes als knien), es geht um Rassismus. Es geht darum, dass Schwarze den Mund halten und sich zufrieden geben sollen, darum, dass es keine Form des Protestes gibt, den man ihnen zugesteht und das obwohl ihre fundamentalsten Rechte (z.B. das auf Leben) mit den Füßen getreten werden und die, die treten dann mit einem Klaps auf die Finger davon kommen.
Mein Sohn ist jetzt 13. Er ist größer als viele Erwachsene hier und könnte von Ferne für viel älter gehalten werden. Er ist weiß und einigermassen blond und trotzdem zieh ich ihn hier im friedlichen Sunnyvale die Kapuze vom Hoodie vom Kopf. Was wenn er schwarz wäre? Dann müßte ich jetzt jedesmal, wenn er das Haus verläßt um sein Leben bangen. Befürchten, dass irgendein Polizist den Stock, den er aufgelesen hat (dieses Kinderhobby hat er noch nicht abgelegt, keine Fussmarsch von mehr als drei Minuten, ohne dass er nicht einen Stock findet und mitschleppt) für eine Waffe hält und ihn erschießt.
Dagegen zu protestieren in dem man während der Nationalhymne kniet statt steht finde ich eine ausgesprochen gemäßigte Form des Protestes.