Ich bin realistisch genug, um zu wissen, dass alle Politiker Lügen erzählen. Bill Clinton war wohl jemand, der es nicht immer so ganz genau genommen hat, Nixon war berüchtigt dafür, dass er die Wahrheit verdrehen konnte. Aber unter Trump haben wir es mit einem neuen Kaliber zu tun: dicken, fetten, offensichtlichen Lügen, die sich noch nicht einmal hinter ein bisschen Wahrheit zu verstecken suchen sondern stolz auch noch zig-mal wiederholt werden.
Es gibt zwei Berufe, denen in den Trump-Jahren (hoffentlich werden es nicht Jahre, sondern nur Monate), die Arbeit nicht ausgehen wird: die Komödianten und die Fact Checker, also jene Leute, die Reden, Tweets oder was er auch sonst noch so von sich gibt auf Richtigkeit prüfen.
Nun beneide ich die Fact Checkers nicht, die Jungs und Mädels arbeiten sicher Überstunden und haben es mit einem neuen Kaliber von Lügen zu tun: solchen, die jeden Bezug zur Realität verloren haben, Lügen, die so unverschämt sind, dass man erstmal dasteht und sagt “Jetzt aber nicht im Ernst, oder?” Politiker-Lügen früher hatten, wie es Andrew Sullivan in seine New York Magazine Artikel ausdrückt, trotz aller Unverfrorenheit ihre Wurzeln in einer gemeinsamen Realität. Diese Realität wurde dann zwar verdreht, versteckt, nur halb anerkannt, aber immerhin war es eine gemeinsame Realität, dem Ganzen lagen Fakten zu Grunde.
Unter Trump ist das anders: seine Lügen stehen direkt im Konflikt mit der Realität, da ist keine Wahrheit, die verschleiert oder verdreht wird, da sind Aussagen, die nichts mit der Realität zu tun haben, aber auch gar nichts. Ein paar der absurderen Beispiele:
wieviele Leute waren bei der Amtseinführung
Die Amtseinführungs-Zermonie war noch nicht vorbei da machten die ersten Bilder die Runde: Gähnende Leere in hinteren Reihen, deutlich weniger Leute als bei Barack Obama. Ist das so wichtig, dass man da ein Riesending draus machen muss? Eigentlich nicht, aber Trump selbst hat ein Riesending draus gemacht, in dem er nämlich behauptete, dass bei seiner Amtseinführung viel mehr Leute waren als bei Obama. Er hat wohl persönlich den Chef der Agentur, die für Planung der Feierlichkeiten verantwortlich ist, angerufen um ihm gesagt, er solle Bilder herbeischaffen, die zeigen, dass da mehr Leute waren. Dann hat er seinen Pressechef Spicer vor die Journalisten geschickt und den gezwungen, die Lüge von den Massen zu wiederholen. Damit war nicht nur die Lüge offiziell sanktioniert, er hat auch gleichzeitig Spicers Treue getestet: wird der vor die Presse gehen und etwas wiederholen, von dem er weiss, dass es ist falsch? Er tat es. Genau so ein Verhalten hat man von sowjetischen Apparatschniks erwartet. Kadavergehorsam nennt man das wohl im Deutschen.
Wahlbetrug
Natürlich nervt es ihn, dass Hillary fast 3 Millionen mehr Stimmen hatte als er. Da nicht sein kann was nicht sein darf gibt es laut Trump nur eine Erklärung: weiterverbreiteter Wahlbetrug. Millionen von illegalen Immigranten haben Hillary gewählt. Für diese Behauptung gibt es keinerlei Beweise. Es gibt praktisch keinerlei Hinweise auf Wahlbetrug, bei dem Illegale gewählt haben (ist ja auch logisch als illegaler Einwanderer geht man mit Wahlbetrug ein grosses Risiko ein – nämlich Abschiebung – und bekommt wenig dafür. Was ist schon eine Stimme? Kein halbwegs rationeller Mensch würde das Risiko eingehen), es gibt allerdings eine Reihe von Leute, die in zwei Staaten als Wähler registriert sind, darunter der Teufel in hoechst eigener Person: Trumps Berater Steve Bannon.
Die Lüge vom massiven Wahlbetrug wird wieder und immer wieder wiederholt. Neulich hat er noch einen raufgesetzt als er behauptet hat, den Staat New Hampshire gewonnen zu haben – wenn nicht massiver Wahlbetrug stattgefunden hätte und Leute aus anderen Staaten nach New Hampshire geströmt wären, um dort illegal zu wählen. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Er hat new Hampshire mit ungefähr 2700 Stimmen verloren. Sagen wir also ca. 3000 Leute hätten am Wahltag mit Bussen oder Autos nach New Hampshire strömen müssen, um dort illegal zu wählen und zwar in Wahllokalen, in denen sie nicht registriert sind. Für 3000 Leute braucht man ca. 60 Busse. 60 Busse, die nach New Hampshire gerollt sind ohne dass sie irgendjemand gesehen hat?
Bowling Green Massaker
Das mit dem Bowling Green Massaker war ganz infam, Kellyanne Conway rechtfertigte den mittlerweile von Gerichten als nicht mit der Konstitution zu vereinbaren Einwanderungsbann mit einem Massaker, dem sogenannten Bowling Green Massaker, das von irakischen Flüchtlingen begangen worden sein soll. Das Massaker hat es nie gegeben, es ist freie Erfindung, kein Wort davon ist wahr.
Was auch wahr ist: keine Klarstellung, Entschuldigung, Korrektur, es wird weiter über Bowling Green geredet, als wenn es das wirklich gegeben hätte und angeblich glauben 51% der Trump-Waehler, dass es das wirklich gegeben hat.
(Nebenbemerkung: es gab ein Bowling Green Massaker, im Jahre 1643 als europäische Siedler Indianer brutal getötet haben und zwar an einem Platz, der heute Bowling Green heisst und in New York ist)
Mordrate
Noch ein letztes Beispiel. Gerade letzte Woche hat er behauptet, dass die Mordrate in den USA die höchste in 45 bis 47 Jahren (was denn nun?) ist. Das ist kompletter Blödsinn, es gibt Problemstätte, Chicago, aber landesweit ist die Mordrate so niedrig wie zuletzt in den 60er Jahren. Jedenfalls, wenn man dem FBI Glauben schenkt – und manchmal sollte man das schon.
Keine dieser offensichtlichen Lügen wird von Trump und seinen Lakaien jemals korrigiert oder zurückgenommen. Im Gegenteil, da wird dann noch einer raufgesetzt und die Lüge noch ein weiter aufgeblasen.
Was macht man in einer solchen Situation? Wie geht man mit solchen frechen Lügen um? In einer “normalen” Demokratie erwartet man doch nicht, dass einer, vor allem nicht der Präsident, seine eigene Realität erfindet und die verbreitet und dass eine Horde hochgezahlter Unterginge bereit steht und das alles brave wiederholt. Leute, die sowas tu schickt man normalerweise in eine geschlossene Anstalt statt dass man ihnen die Codes für das Kernwaffendepot gibt.
Uns bleibt nichts anderes übrig als jede Lüge zu entlarven und richtig zu stellen. Immer und immer wieder. Denn wenn eine Lüge auch eine freche, unverfrorene zu oft wiederholt wird bleibt sie hängen und das übliche “wo Rauch ist ist auch Feuer” Denken macht sich breit. Die Lektion der letzten drei Wochen ist: nichts glauben, was er sagt, alles überprüfen denn vieles ist frei erfunden.
Eric
Aber Tina, das sind doch keine Lügen, alternative Fakten trifft es eher. 😉