StaatesbürgerschaftNatürlich frage ich mich in Zeiten wie diesen: warum bloss bin ich eigentlich vor relativ kurzer Zeit Amerikanerin geworden?  Aber dann fällt mir wieder ein: Reisebeschränkungen ohne Staatsbürgerschaft, man darf nicht wählen (wenn’s nur geholfen hätte) und die Geschichte mit der Erbschaftssteuer.  Ausserdem war 2014 noch heile Obama-Welt.  Gute alte Zeiten!

Greencard Vor- und Nachteile

Nachdem ich Jahre um die Greencard gekämpft hatte war das erstmal genug (mehr hier).  Mit der Greencard ist man nicht von einem Arbeitgeber abhängig und ist auch nicht zeitlich beschränkt in seinem Aufenthaltsrecht.  Das war doch schon mal was.

Allerdings ist man in gewisser Hinsicht immer noch ein Bürger zweiter Klasse, man darf nicht wählen, der Bub muss mal sehr viel Erbschaftssteuern zahlen, wenn er von seinen Nicht-Amerikaner Eltern erben soll (noch nicht so bald, hoffe ich, aber man plant ja voraus) und man kann die Greencard auch wieder verlieren, speziell wenn man das Land für mehr als sechs Monate (und das nehmen die genau, sechs Monate und nicht sechs Monate und ein Tag) verlässt.  Das kann schon mal passieren – wer weiss das schon.  Ausserdem sind einem verschiedene Jobs und Aufträge verschlossen, alles was mit Verteidigung und vertraulicher Information zu tun hat.  Nun bin ich nicht gerade eine Geheimagentin, aber auch in der Biotechnologie und Forschung ist das eine Möglichkeit.  Ein Freund von mir hat mal erzählt, dass er als Nicht-Amerikaner das Büro seines Chefs in dem Institut, in dem er gearbeitet hat, nicht hat betreten dürfen, da er als Ausländer mit Greencard keine ausreichende security clearance für diesen Bereich hatte.   Das hat die ganze Sache dann doch sehr umständlich gemacht.

Beibehaltungsantrag

Also habe ich mich irgendwann im Laufe von 2013 entschieden doch noch die amerikanische Staatsbürgerschaft zu erwerben.  Bevor man Amerikaner/in (oder Kanadier/in, Neuseeländer/in oder sonstwas) werden kann, muss man erst einen Antrag auf Beibehaltung der deutschen Staatsbürgerschaft stellen und den begründen.  Warum braucht man die andere Staatsbürgerschaft und warum mag/muss man die deutsche behalten?  Nur wenn dem Antrag stattgegeben wird, was bei mir der Fall war, kann man eine andere Staatsbürgerschaft annehmen ohne die deutsche zu verlieren – was man ja auf jeden Fall vermeiden will.

So ausgerüstet macht man sich dann daran die ganzen Formulare auszufüllen, um Amerikaner/in zu werden.  Namen, Adressen, Jobs, detaillierte Aufstellungen aller Reisen ins Ausland für die letzten mindestens fünf, vielleicht sogar 10 Jahre werden verlangt.  Man wird gefragt, ob man ein Nazi ist, Anschläge plant, Seuchen ins Land gebracht hat oder ganz generell ein Terrorist ist.  Natürlich werden einem auch nochmal alle Fingerabdrücke genommen: platt drauf, abgerollt, rechts, links und im Rösselsprung.  Ich hatte einen Schnitt in einem Finger (Gartenarbeit) da haben sie mich wieder weggeschickt bis er verheilt war – schlechte Bilder kann man da nicht gebrauchen.  Natürlich hatten sie schon so ca. 600 komplette Sets meiner Abdrücke, vom Studentenvisum, H1B, Greencard, jeder Einreise – aber was hilfts, dann macht man halt noch ein 601. Set. Dann – logisch – braucht man ein Führungszeugnis von der FBI.  Meins war wohl okay, jedenfalls hab ich nichts Nachteiliges gehört.

Das Interview
Staatsbürgerschaft

Die schwierigen Fragen des civic tests

Als vorletzte Stufe kommt das Interview, sozusagen die Aufnahmeprüfung.  Zuvor hat man ein Heft bekommen, mit 100 Fragen zur amerikanischen Geschichte, Geographie, politischen Einrichtungen, etc.  Das können Fragen sein, die man nicht auf Anhieb beantworten kann, z.B. welches Territorium hat die USA 1803 von Frankreich gekauft (Antwort: Louisiana) oder solche unglaublich schweren Fragen wie “Wie heisst der Ozean auf der linken Seite des Landes?” (ja klar, Pazifik).  Die lernt man dann und geht so vorbereitet und einigermassen gut gewaschen und gekleidet und voll guten Mutes zum Interview. Das Interview hat mehrere Phasen, hier nicht unbedingt in der richtigen Reihenfolge:

  • Small talk – nicht lange, man hat ja schliesslich nur begrenzt Zeit, aber man plauscht doch zwei Minütchen über das Wetter, das man überraschenderweise gleich eine Parkplatz gefunden hat und wie aufregend das alles hier doch ist.
  • Dann werden nochmal die Formalitäten überprüft, bin ich die, die ich angeblich bin, weiss ich auch wo ich wohne und ähnliche Anspruchsvolles
  • Staatsbuergerschaft

    Solche Büffelei war nicht notwendig für den civics test

    Dann der civics test – also die Fragen, mit denen man beweist, dass man zumindest die Grundbegriffe der amerikanischen Demokratie etc. versteht. Von den 100 werden einem 10 gestellt, wenn man 6 richtig beantwortet hat man schon gewonnen.  Ich hatte die ersten 6 richtig und dann war das auch vorbei.

  • Dann kommt der Englisch-Test.  Das ganze war natürlich besonders pikant, da der Einwanderungsbeamte – selbst chinesischer Abstammung – deutlich schlechter englisch sprach als ich.  Er fragte mich also: “wieviel Senatoren haben wir?” und ich antwortete brav “wir haben 100 Senatoren” und wunderte mich heimlich, ob ich vielleicht doch eine meiner 6 Fragen falsch beantwortet hatte und er jetzt nochmals nachbesserte.  Aber weit gefehlt: das war mein Englisch-Test.  Na ja nicht ganz, er sagte dann noch “Bitte schreib den Satz auf” ich fragte pflichtschuldigst “soll ich 100 ausschreiben oder reicht die Zahl?” er meinte “die Zahl reicht schon”. Ich schrieb also we have 100 senators und – bravo – hatte den Englischtest auch bestanden.
  • Dann ging es ans Eingemachte: wir gingen nochmal den ganzen Bündel an Formularen mit meinen Angaben durch.  Ich wurde gefragt was ich bei Firma xy denn so gemacht hätte und welche Uni ich in den USA besucht hätte.  Spezielles Interesse erregten meine vielen Auslandsreisen “warum waren Sie im October 2012 in Australien?” “Zum 2012 Aktionärstreffen der Firma für die ich arbeite”.   “Warum waren Sie im Oktober 2011 in Australien?” “Zum 2011 Aktionärstreffen der Firma für die ich arbeite”.  “Warum waren sie im September 2012 in Deutschland” – “Da hatte mein Daddy Geburtstag”.  “Warum waren Sie im September 2011 in Deutschland?” “Da hatte mein Daddy auch Geburtstag!” und so weiter.

Schliesslich fiel ihm dann nichts mehr ein und somit war das ganze über die Bühne.  Er gratulierte mir noch und sagte mir, dass ich jetzt qualifiziert wäre die amerikanische Staatsbürgerschaft zu erhalten.

Danach kam – Wochen später – dann noch als letzter Schritt die Einschwörung – aber dass ist eine Geschichte für sich.