Bigger is betterBigger is better – also größer ist besser – ist das Motto, nach dem viele Amerikaner leben.  Dieses Motto wird so ziemlich auf alles angewendet vom Haus, über das Auto hin zur Portion Spaghetti und den Fernsehapparat.  Die einzige Ausnahme: Kleidergrößen für Frauen, da ist “je kleiner desto besser” angesagt.

Das Land ist gross und Größe hat sich so ziemlich in allen Bereichen als begehrenswert etabliert.  Fangen wir mal bei den Häusern an.

Riesenhäuser – McMansion genannt

Wir leben hier in einem winzigen Haus von gerade mal ca. 150 qm in Sunnyvale. Gebaut 1960 war das damals durchaus angemessen für eine Familie von vier oder fünf.  Es gibt vier (kleine) Schlafzimmer, zwei Bäder und großzügige gemeinsame Räume wie Küche und Wohnzimmer.  Heute ist so eine “Schuhschachtel” gerade mal eben noch für zwei.  Für eine Familie von drei oder vier müssen mindestens 200 qm her, und natürlich eine Doppelgarage oder eine dreifache.  Ich hatte einmal eine Arbeitskollegin, die mit ihrer vierköpfigen Familie aus einer ca. 250 qm grossen Wohnung in eine über 300 qm grosse umzog.  Die alte war zu klein.  Das ist kein Einzelfall!

Bigger is better

Ein Great Romm, allerdings gut eingerichtet, was selten der Fall ist.
Bild: https://en.wikipedia.org/wiki/Great_room

Was macht man mit all dem Platz: oft nichts Vernünftiges.  Viel der Grundfläche geht oft für repräsentative Räume drauf, die keiner nutzt, weil sie ungemütlich und schwer zu möblieren sind.  Der zweistöckige “great room” gleich wenn man in das Haus kommt fällt einem da ein.  Den benützt in der Regel niemand, da es ja zum Spielen und Fernsehschauen den family room mit bequemer Couch-Landschaft gibt, zum Essen das Esszimmer benützt wird und die Küche oft auch gross genug für einen Tisch ist.  Besagte Kollegin hatte dann auch nach mehreren Monaten immer noch unausgepackte Umzugskartons im great room stehen – und keine Ahnung, was sie mit den hohen leeren Wänden machen sollte.

Solche Häuser werden auch McMansion genannt, eine Anspielung auf McDonalds und deren vereinheitlichten übergroße Burger.  ein Produkt also, dass der Mittelklasse und oberen Mittelklasse erlaubt sich wie die Oberklasse zu fühlen (viel Burger für’s Geld, viel Haus für’s Geld).

Bigger is better

Bigger is anscheinend better

Das sind die Häuser in denen die Normalsterblichen leben.  Wenn man richtig Geld hat, kann es gern auch etwas mehr sein.  Dieses Ungetüm auf dem Bild habe ich neulich entdeckt, als wir in einem Park hier in der Nähe zum wandern waren.  “Entdeckt” ist eigentlich nicht das richtige Wort, den übersehen kann man das Monstrum eigentlich nicht, selbst wenn man es gern möchte.  Mir ist völlig unklar, wer in sowas wohnen möchte und wer soviel Platz hat.  Da kann man ja die gesamten Bewohner von Downton Abbey gut unterbringen.  Aber wer hat heute schon noch einenButler, einen Under-Butler, einen Herrendiener und eine Zofe sowie den ganzen Rest?

Bigger is better bei Autos

Diesen Trend sehen ich mittlerweile auch in Deutschland: beim Auto darf es gern auch etwas oder viel mehr sein.  Hier ist es natürlich, wie immer, noch zwei bis drei Tick schlimmer.  Meinen kleinen Golf Cabrio hab ich schon verschiedentlich verloren geglaubt weil er so winzig ist, dass er auf Parkplätzen oft praktisch ganz hinter Monster-Autos verschwindet und man ihn erst sieht, wenn man direkt davor steht.  Eine Freundin hat ihren Miata nach kurzer Zeit wieder verkauft – das kleine Ding wurde ständig übersehen und es haben sich zum Teil lebensgefährliche Situationen ergeben.

Die “normalen” Autos sehen mittlerweile alle aus, als ob sie Steroide oder Wachstumshormone genommen hätten.  Was heute als Mittelklasse Wagen gilt war noch vor 10 Jahren ein Reisending.  Sogar die Mini Cooper sind neuerdings grösser und deutlich massiver als mein Cabrio.

Der eigentlich Wahnsinn sind allerdings die Trucks.  Wenn jemand Holzfäller oder Handwerker oder Gärtner von Beruf ist, seh ich das alles ja noch ein.  Da braucht man Platz und Ladefläche.  Wozu man allerdings 440 PS und ein Auto das über 3000 kg wiegt, auf das man 3000 kg zuladen kann und das 20 L Benzin auf 100 km wegsäuft braucht, wenn man in Silicon Valley wohnt und bei einer Hightech Firma arbeitet ist mir immer wieder ein Rätsel. Auch wenn man in Danville (recht reicher Ort auf der Ostseite der Bay) wohnt braucht man keinen Truck, da gibt es nämlich Strassen, mit Asphalt und so.  Das übliche Argument ist dann immer: “ich mach ja manchmal Gartenarbeit und muss die anfallenden Reste wegbringen.” Ehrlich jetzt, wer glaubt denn den Scheiss, nur weil man einmal im Jahr die Bäume beschneidet muss man doch nicht 365 Tage im Jahr mit einem Riesenmonster, das zwei Parkplätze braucht durch die Gegend gurken.   Für das Geld, dass das Riesenmonster kostet kann man sich einen Gärtner leisten, der alles entsorgt und hat immer noch Knete übrig um einen Urlaub in der Karibik zu machen.

Ich weiss immer nicht, warum Leute glauben, dass ich (oder irgend jemand anders) ihnen diese Geschichten abnimmt, die sie selbst nicht glauben.  Aber vermutlich erzählen sie diese Geschichten eher um sich selbst zu überzeugen.

Na ja, wir bleiben beim Mini-Haus und den winzigen Autochen, das bigger is better machen wir nicht mit.

Bild vom Truck: Albert Melu, stocksnap.io