Comey

James Comey Bildquelle

Das war ein grosser Tag heute.  Selten hat, glaube ich, eine Nation mit angehaltenem Atem und soviel Spannung die Aussage eines Ex-Geheimdienstchefs erwartet, wie heute hier. Heute morgen, gerade als ich den Buben in die Schule und anschliessend mich selbst ins Büro gefahren habe ging los: Direktor Comey sagt aus. 

Diese Aussage ist von allen Seiten mit einer Spannung erwartet worden, die sonst grossen Sportereignissen, der Oscar-Verleihung und in Deutschland vielleicht nicht dem Eurovision Song Contest entgegengebracht wird.  Zu blöd, dass es morgen war, sonst waere die Leute mit Popcorn und Bier vor der Glotz gesessen, um sich das alles reinzuziehen.  Meine zuverlässige liberale Quelle, Robert Reich, beschrieb die Stimmung in Washington als eine Mischung aus Jubel und Furcht, die er bislang nur einmal erlebt hat: während der Watergate Anhörungen.  Jubel, weil mit der Aussage von Comey die Überprüfung von Donald Trump in die nächste Phase zu gehen scheint, genau wie damals bei Watergate, und Furcht, weil keiner weiss, wie der zunehmend in die Enge getriebene und isolierte Trump reagieren wird.

Wir waren heute morgen gerade mal die Kingfisher Strasse vorgefahren, also keine 30 Sekunden von zu Hause entfernt, als die erste Bombe platzte. Comey sagte als Antwort auf die Frage, warum er denn angefangen habe sich genau Notizen über seine Treffen mit Trump zu machen “I was honestly concerned he might lie about the nature of our meeting,” – also “ich war ehrlich besorgt, dass er lügen würde, was die Natur/Art unseres Treffens angeht.” Ich bin beinahe reflexartig in die Eisen gestiegen, hab mich aber gerade noch besonnen und nur sowas wie “Wow” gerufen und erklärend für meinen Sohn hinzugefügt “der hat eben gesagt, dass er Angst hatte, dass der Präsident lügt”.  Worauf mein Sohn “Wow, voll die Bombe!” beisteuerte.

Das alles war begleitet von der Erklärung Comey’s dass er sich nur zwei mal persönlich mit Obama getroffen hat und sich niemals bemüht sah Notizen zu machen.  Er hat das dann noch ein oder zweimal wiederholt.

Comey

John McCain heute während der Anhörung. Entweder er ist krank, oder ist auf anderen Drogen.

Ich hatte insgesamt nur ca. 25 Minuten, um mir den Anfang der Befragung anzuhören, dann war wieder Durchflusszytometrie in der Arzneimittelforschung angesagt.  Ich hab mich auch ziemlich zusammengenommen und nur hin und wieder den klitzekleinsten aller Blicke auf Twitter geworfen.  So bekam ich dann auch mit, dass McCain völligen Unsinn verzapft hat.  Er hat dass mittlerweile in einem Tweet als Folge einer späten Nacht vor der Glotze abgetan. Angeblich hat er ein Spiel des Phönix Baseball Teams Diamondbacks angeschaut. Lahme Erklärung und nicht dazu angetan irgendwas zu erklären.  Wenn Ihr mich fragt, der Mann sieht krank aus.  Hat auch deutlich an Gewicht verloren in der letzten Zeit.  Ich hab allerdings keinerlei Bestätigung für meine Theorie, ausser, dass er schlecht und krank aussieht und ja auch nicht mehr der Jüngste ist.

War die Comey Aussage denn nun die Bombe oder nicht?

Aber zurück zu Comey. Von allen Seiten kommen die Analysen rein und je nach dem, welche Kanäle man verfolgt hat Trump heute gewonnen, weil Comey gesagt hat, dass Trump nicht unter Gegenspionage-Verdacht stand, oder verloren, weil Comey ja nun nicht gerade schüchtern war in seiner Wortwahl. Wer sich die ganze Anhörung reinziehen möchte kann das hier tun.

Folgende Punkte von Comey’s Aussage werden in den Medien betont:

  • Comey sagt, er glaubt er sein wegen der “Russland Probe” gefeuert worden. Das ist nicht revolutionäre, das hat Trump je selbst gesagt, oder eher getweetet.
  • wie schon  eingangs erwähnt hat Comey sich sehr genaue Notizen nach jedem Treffen mit Trump gemacht, weil er glaubte, dass Trump lügen wird, wenn es um den Inhalt der Gespräche geht. Das ist schon der Hammer.  Was mit gefallen hat war, das er das ganz ruhig und sachlich gesagt hat, so als wenn er gefragt worden wäre, ob er lieber Vanille- oder Schokoladeeis zum Nachtisch möchte.  Später hat er den Präsidenten noch einmal der Lügen bezichtigt.  Trump sagte irgendwann, dass Comey gefeuert wurde, weil er seinen Job schlecht gemacht hat und das gesamte FBI im Chaos versunken ist.  “Das sind schlicht und einfach Lügen” war Comeys Reaktion darauf.
  • Bemerkenswert war auch, dass Comey eingestanden hat, dass er  Informationen über eines seiner Treffen mit Trump hat durchsickern lassen.  Eigentlich eher mehr als durchsickern, aber ich finde kein besseres deutsches Wort für “to leak information”.  Das war bewusst gemacht und hat den erwünschten Effekt, nämlich die Ernennung eines “special counsel” (auch dafür hab ich keine vernünftige Übersetzung gefunden, Sonderermittler vielleicht) erzielt.  Andere Faktoren haben natürlich auch dazu beigetragen.
  • Noch eine Sache, die es wert ist noch einmal erwähnt zu werden: Comey hat bestätigt, dass Mike Flynn, also dem gefeuerte Sicherheitsberater von Trump, ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren bevorstand.  Das kann man gar nicht überbetonen: der Typ wurde vom FBI strafrechtlich untersucht während er als Sicherheitsberater Zugang zu den geheimsten Informationen des Landes hatte. Das ist der Mann, den Trump als “guten Kerl” bezeichnet und von Comey wollte, dass er das Ganze unter den Teppich kehrt.

Von dem was ich gehört hab, hat sich Comey sehr professionell verhalten.  Man sagt ihm nach, dass er das Rampenlicht geniesst und er hat es sich nicht nehmen lassen, heute eine guten Eindruck zu machen.  Er hat immer wieder kleine selbstkritische Bemerkungen einfliessen lassen, die verhindert haben, dass es aussah, als wenn er auf dem hohen Ross saesse.  Als Senator Feinstein ihn befragte und ihn als “big and strong” bezeichnetet (big ist er tatsächlich, er ist über 2 Meter gross) räumte er ein, dass er nicht stark genug war, dem Präsidenten direkt zu widersprechen oder sein Ansuchen (nämlich die Flynn Sache auf sich beruhen zu lassen) direkt abzulehnen. Das hat ihn sympathisch gemacht.

Was passiert jetzt nach der Comey Anhörung

Was als nächstes passiert, werden wir sehen. Robert Muller muss jetzt sein Arbeit tun und alles dauert viel länger, als man möchte.  Die Republikaner scheinen keinerlei Bereitschaft zu zeigen ein Amtsenthebungsverfahren einzuleiten. Das weiss Paul Ryan, der Soziopath im Repräsentantenhaus, der noch schnell Obamacare abschaffen und die Steuern für die Reichen senken will, bevor die Party vorbei ist, zu verhindern.

Auf der anderen Seite hört man, dass es im Weissen Haus fürchterlich sein muss, ein paar Trump-Loyalisten und jede Menge anderer Leute, die nach Wegen schauen, sich abseilen zu können.  Dazu jede Menge unbesetzter Jobs in der Regierung, was es schwer macht irgendwas zu erreichen (zum Glueck, kann man da zwar sagen, aber was ist, wenn ein Erdbeben/Hurricane/Anschlag passiert und die Regierung nicht angemessen darauf reagieren kann). Wie man bei der Suche nach dem neuen FBI Direktor gesehen hat, wollen viele Leute den Job, für den sie noch vor ein paar Monaten ihren Erstgeborenen hergegeben hätten nicht mehr, wenn er von Trump kommt.

Es dauert, die Mühlen mahlen langsam.  Zu langsam für meinen Geschmack. Da fällt einem der alte chinesische Fluch wieder ein “Magst Du in interessanten Zeiten leben!” – Die haben wir sicher.