dog whistleZweierlei ist mir in der letzten Zeit aufgefallen, zum einen hört man den Ausdruck “dog whistle” also wörtlich Hundepfeife, öfter und zum anderen lernt man langsam sich unauffällig auf politische Gesinnung abzutasten. beides hat etwas damit zu tun, das man Dinge andeutet, aber nicht klar ausspricht. Deshalb heute zu beiden.

Eine Hundepfeife ist ja bekanntlich eine sehr hohe Pfeife, die von Hunden aber nicht Menschen gehört werden kann. Wenn man den Hund gut erzogen hat hört er die Pfeife nicht nur, sondern kommt dann auch brav angerannt. Im englischen benützt man die mehr oder weniger genaue Übersetzung dog whistle für dieses nützliche Teil.  Allerdings bedeutet dog whistle noch etwas anders: eine subtile, kodierte, politische Nachricht, die nur von einer Gruppe verstanden wird. Ich hab mich mit meinem Mann darüber unterhalten, wie man dafür im Deutschen sagt, aber das Einzige, das ihm eingefallen ist war Geheimsprache. Das trifft es aber nicht, denn eine Geheimsprache versteht kein anderer, eine dog whistle ist jedoch anders: jeder versteht was oberflächlich gemeint ist, die versteckt Nachricht kommt allerdings nur bei den Eingeweihten an. Besonders beliebt sind solche dog whistles natürlich, um den eigenen Rassismus zu übertünchen, man will sich ja nicht so ganz offen als Rassist bekennen. 

Hier ein paar Beispiele, damit das ein wenig deutlicher wird. In den guten alten Zeiten hatten wir einen Präsidenten mit einem sehr ungewöhnlichen Namen: Barack Obama. Die Rechten haben ihn oft bei seinem gesamten Namen, einschliesslich seinen Mittelnamen “Hussein” genannt. Hussein impliziert Islam, impliziert einen Diktator und klingt fremd und merkwürdig. Das Erwähnen diese Names diente einem Zweck: kommunizieren, dass man Obama für einen Muslim hält und auch der ganzen “Birther” Idiotie, nach der Obama in Kenia geboren worden ist, nahe steht. “Barack Hussein Obama” zu erwähnen machte das klar, ohne das man es sagen mußte (natürlich sind solche Dinge nur eine Zeit lang geheim, nach einiger Zeit kommt man den dog whistlers schon dahinter, nur was will man sagen, die Anschuldigung, das Obama ein kenianischer Muslim ist, ist ja nicht ausgesprochen worden).

Andere Phrasen, die mittlerweile zu dog whistles geworden sind: law and order, also Recht und Ordnung. Wer will das nicht? Nur das law and order in den richtigen (eher falschen) Kreisen ausgesprochen impliziert, dass man unnachgiebig selbst geringe Verbrechen verfolgt, was häufig besonders Minderheiten, Immigranten, etc. betrifft. Sätze wie “wir bringen Recht und Ordnung zurück” sind also nur eine kodierte Art zu sagen “wir werden hart gegen bestimmte Gruppen durchgreifen und sie im Zweifelsfall wegen Lappalien verhaften.”

Natürlich sind dog whistles nicht auf Politik beschränkt, es gibt sie auch in anderen Bereichen, vor allem Religion. Die viel beschworenen Judeo-Christian values also jüdisch-christliche Werte, ist ein Beispiel. Hier geht es darum vor allem Muslime aber auch andere Religionen auszuschließen und zu sagen “wir sind ein Land mit jüdisch-christlichen Werten” klingt doch sehr viel besser als zu sagen “Muslims, Hindus, Buddhisten, etc. haben hier nichts verloren.”

Die Kunst der Andeutung

In dem Zusammenhang ist mir noch ein anderer Bereich aufgefallen, in dem mehr verklausuliert und angedeutet wird. Ein Beispiel: Ich hatte neulich Treffen zum Mittagessen mit dem Geschäftsführer und dem technischen Leiter einer kleinen Firma. War nichts furchtbar Formelles, aber ich kannte die beiden vorher nicht und sie mich nicht. Wir unter hielten uns über die Firma aber natürlich kommt auch anderes zur Sprache und was früher nicht so wichtig war ist plötzlich wichtig: wo steht der andere politisch? Natürlich kann man nicht fragen” Bist Du Demokrat, oder hast Du den Wahnsinnigen gewählt?” aber wissen muss man es doch, denn mittlerweile ist es undenkbar, dass man eng mit jemandem zusammenarbeitet – oder auch nur friedlich Mittag isst, der der anderen Seite angehört. Also muss man diese Information möglichst nicht zu auffällig aus dem Anderen herauslocken. Man kann z.B. eine Andeutung über die politische Lage allgemein machen, oder darüber wie chaotisch die Lage in Washington ist, oder etwas wie “mit der Steuerreform ist ja weniger Geld für die Forschung vorhanden” sagen. Selbst recht subtile Andeutungen werden verstanden und richtig gedeutet. Findet man sich auf der gleichen Seite geht meist ein deutliches Aufatmen durch die Runde und dann kann man auch etwas deutlicher sein Missfallen zum Ausdruck bringen.

War das früher in der DDR und der Sowjetunion nicht auch so? Man musste immer zwischen den Zeilen lesen und nach versteckten Nachrichten suchen und hoffen, dass man sie richtig deutet. Und ich Naivling glaubte, dass dieser Scheiß der Vergangenheit angehört.

 

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