Am Donnerstag ist jetzt die Wahl in Montana. Hier ist ein Artikel, den ich vor einiger Zeit zum Thema Montana geschrieben habe. Von Kalifornien aus, kann man nicht so viel machen, um die Wahl dort in die richtige Richtung zu lenken: Geld spenden und eben Phone-Banking – die Kunst, oder Qual, wildfremde Leute anzurufen und sie dazu animieren für den Demokraten Rob Quist zu stimmen.
Ich sag jetzt mal vorneweg: ich hasse es zu telefonieren. Email: gerne, texten: immer, persönliche Gespräche: bin ich dabei. Telefonieren: nur wenn ich muss und dann nicht gern.
Ich bin ein Kind der 8-Minuten-Takt-Generation, der berüchtigten Eieruhr und der wachsamen väterlichen Augen, die immer fest auf die Eieruhr gehaftet waren, wenn ich mal mit Freunden quatschte. Und wehe die Eieruhr wurde mal nicht umgedreht! Daddy, wenn Du das liest, ich weiss, dass Du das anders in Erinnerung hast, aber ohne Scheiss, so wars!
Telefonieren war Stress pur und nur deshalb nicht ganz so schlimm, weil meine beste Freundin so ca. 3 Minuten mit den Fahhrad weg wohnte und selbst kein Telefon hatte. So was gabs, selbst noch in den frühen Achtzigern. Das stundenlange telefonieren mit einem superlangen Kabel quer durch die ganze Wohnung gespannt gabs bei mir also nicht.
Ich sag das nur, damit alle verstehen, wieviel Überwindung es mich heute gekostet hat mein Handy und iPad einzupacken und bei schönstem Sonnenschein zum Büro der Demokratischen Partei in San Jose zu fahren und am phone-banking für Rob Quist teilzunehmen.
Phone-Banking – Fremde Leute anrufen, Schrecklich!
Das mit dem phone-banking geht so: mit Hilfe einer Webseite (was den sonst) meldet man sich per Computer oder iPad bei Democracy Now an und bekommt eine Einwahlnummer. Die ruft man mit den Handy an und wird dann automatisch mit Wählern verbunden. Auf dem Bildschirm des iPad bekommt man Information darüber, mit wem man verbunden wird: Name, Alter, Wohnort. Zusätzlich gibt einem das Programm auf dem iPad auch noch Ideen, was man sagen soll, welche Info man erfragen soll, und wie man auf Fragen reagieren soll. Musik dudelt und wenn die aufhört zu dudeln ist man verbunden und soll anfangen zu reden. Das geht dann also so:
Dudel, dudel, du- Stille
“Hi, ist Ken zu Hause?”
“Wer ist dran?”
“Ich bin Tina vo….” Doing aufgelegt.
“Echt, ich hab nichts mit Deinem Kerl, ich wollte nur mit ihm über Politik reden” will man dann noch schnell hinterher rufen aber die Computerstimme sagt einem: der Anruf ist beendet, bitte klicke auf die “Make a call” Taste, um den nächsten Anruf zu machen.
Also klickt man, ist ja Wurscht, was die Frau/Freundin von Ken denkt und dann geht es so weiter:
auf dem Bildschirm steht: Lois Miller, Billings, 95 Jahre:
“Hallo, kann ich bitte mit Lois sprechen?”
“Wer, was, wer ist dran?”
“Hier is Tina, ich arbeite als Freiwillige fuer Rob Quist”
“Wie, was, wer? Ich versteh sie nicht…”
“Hier ist Tina, Lois sind Sie das?”
Doing aufgelegt
Oder:
“Hi ist Geoffrey da?”
“Der heisst Jeffrey und nein, der ist nicht da.”
Doing – aufgelegt. Klang nach kürzlicher Trennung von Geoffrey oder Jeffrey und zwar nicht gut.
Natürlich gibt es auch gute Gespräche und Leute die sagen “ich hab schon Briefwahl gemacht. Klar hab ich für Rob gestimmt, die ganze Familie hat für ihn gestimmt.” Dann gibt man ein Fern-High Five in der Luft und denkt sich “phone-banking ist gar nicht so schlimm.” Wenn man sehr viel Glück hat kann man die Angerufenen dann noch dazu überreden, die Nachbarn zum Wählen zu animieren. Das war dann extrem gut und ist mindestens ein doppelseitiges Luft-High Five wert.
Phone-banking im Pulk
Zwischendurch lauscht man den anderen Leute, die im selben Raum sitzen und das gleiche tun und immer wieder hört man “Super, das freut nicht zu hören” oder sieht betretene Gesichter, wenn wieder einer der Angerufen sowas gesagt hat wie: “alle Demokraten sind Arschlöcher und Du auch.” Ist mir nicht passiert, aber der Frau, die sich gleichzeitig mit mir Crackers geholt hat. Man fängt an zu naschen, weil man ein paar Minuten vom Telefon weg will.
Natürlich würde es mehr Sinn machen, das phone-banking zu Hause zu machen. In Ruhe sozusagen, aber im Pulk hat es einen Vorteil: man tut es. ich zumindest würde zu Hause immer etwas anderes finden, dass viel wichtiger wäre und unbedingt sofort erledigt werden muss. Wenn man auf den ungemütlichen Stühlen bei den Demokraten im Büro hockt, kann man nicht mal eben die Spülmaschine ausräumen, auch wenn das in dem Moment verlockend klingt.
Ich wusste es von Anfang an und es hat sich bestätigt: ich hasse es zu telefonieren. Nächstes Wochenende werde ich Wähler registrieren fahren im Central Valley. Da muss ich bloss auf dem Markt stehen und wildfremde Leute von der Seite anquatschen “Hallo, Sie da, sind sie als Wähler registriert?” Das ist halb so schlimm, ist zumindest persönlich, das liegt mir besser. Glaube ich.
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