BurnoutIch hab gerade wieder mit den Mädels telefoniert, wie fast jede Woche seit Trump Präsident wurde. Eigentlich bedenklich, dass es erst eine mittlere Katastrophe braucht damit man sich zusammenrauft und eine festen Termin ausmacht, um sich mit alten, mittlerweile verzogenen Freunden zu unterhalten. Ein Thema, dass immer wieder kommt ist das Thema Burnout, oder wann ist es zuviel?

Diese Woche war die Freundin in Montana, zukünftig Montana genannt, wieder besser drauf aber die Freundin in Philadelphia, zukünftig kurz Philly genannt, war deprimiert.  Letzte Woche war’s umgekehrt, Montana war depressiv, was sehr ungewöhnlich ist, das sie sonst grundsätzlich immer optimistisch ist, und Philly war besser drauf.  Ich versuche einen gewissen Gleichmut an den Tag zu legen, das entscheidende Wort hier ist “versuche”.  Es gelingt mir nicht immer und Depressionen sowohl von Montana als auch von Philly sind ansteckend.  Heute sind wir also mal wieder auf die Frage gekommen, die viele Menschen hier momentan umtreibt: wann muss man mal eine Pause machen, darf/kann man es sich leisten eine Pause zu machen, abzuschalten, nicht hinzuhören wenn in nicht enden wollender Folge die schlechten Nachrichten auf einen niederprasseln. Wann ist es zuviel?  Wie vermeidet man Burnout? Oder muss man da jetzt einfach durch, koste es was es wolle, mit offenen Augen und unverminderter Energie?

Burnout – Eine realistische Möglichkeit

BurnoutDer Konsensus ist, dass man sich Pausen gönnen muss.  Selbst die Härtesten und Abgebrühtesten unter uns ertragen nur begrenzte Mengen an ununterbrochener politischer Neuigkeiten, die alle irgendwo zwischen beschissen und grauenhaft schwanken, nur unterbrochen von beissender Satire, bei der einem das Lachen auch im Hals stecken bleibt.

Wenn man wie ich morgens aufwacht und als erstes Jean-Luc Picard in Star Trek zitierend denkt “damage report?” also Schadensbericht und nach 6 Stunden im Büro befürchte, dass ich das Verpasste ich mehr aufholen kann, dann muss man zwischendurch eine Pause machen. Sonst wird man entweder wahnsinnig oder klinisch depressiv.  Ich kann nicht ausschliessen, dass man beides wird.  Gleichzeitig.

Wenn man sich eine Pause gönnt gibt es zwei Gefahren: Zum einen kann das schlechte Gewissen einsetzen. Geht das denn, kann man/darf man auch nur einen Moment wegsehen?  Ist man nicht jede freie Minute gefragt und schon fast verpflichtet sich auf dem laufenden zu halten, zwischendurch ein paar Wähler in Georgia anzurufen, wegen Jon Ossoff, Geld zu spenden oder mindestes irgend einen wichtigen, tiefgründigen und scharfsinnigen Tweet auf die Welt loszulassen. Es gibt sicher auch Petitionen zu unterschreiben, Emails zu schicken, Senatoren anzurufen oder Postkarten an wen auch immer zu verfassen.  Dann könnte man sich auch nochmal die Liste der Firmen ansehen, die man boykottieren soll.  War Amazon da jetzt mit drauf oder nicht? darf man mit soviel unerledigter Arbeit einfach auf der Couch sitzen und Bejeweled spielen, oder, meine Lieblingsablenkung momentan, niedlich Nähprojekte machen.

Burnout

Findet man aus dem Päuschen wieder zurück in die harte Realität? Bildquelle

Die zweite Gefahr ist das Gegenteil: findet man nach dem Päuschen wieder zurück?  Oder ist es so erholsam, sich nicht mit dem ganzen Scheiss beschäftigen zu müssen und einfach so tun zu können, als ob das alles einem gar nichts angeht, dass man nicht mehr zurückfindet in den politischen Aktivismus. Manchmal wünsche ich mir, in schwachen Minuten, dass ich das alles einfach abtun könnte, dass es nicht tatsächlich egal ist und ich einfach in die Mall gehen könnte, ein bisschen shoppen und alles ist gut. Das geht allerdings genauso wenig wie man aufhören kann zu denken oder zu atmen.  Kann man also vergessen.

Es ist nicht einfach, eine vernünftige Balance zu finden und die meisten, die ich kenne, suchen immer noch nach dieser balance und schwanken zwischen Burnout und Aktivismus.