whataboutismMein Sohn lernt gerade welche logischen Fehler in Diskussionen häufig verwendet werden. Da lern ich mit, man kennt sie ja alle irgendwie aber es ist immer gut, bei der heutigen politischen Kultur, oder eben dem Mangel an Kultur, einen Namen für all die falschen und unlogischen Argumente zu haben. Ein Wort, das in dem Zusammenhang immer wieder auftaucht is Whataboutism.

Wenn man das Wort auseinander nimmt kriegt man schon eine recht gute Idee um was es geht. “What about …?” also “Was ist mit  …?” Wörtlich is Whataboutism also sowas wie “Was-ist-eigentlich-damit-imus” Dieser Fehler wird bewusst oder unbewusst besonders von den rechten Socken hier immer wieder gerne verwendet. Es ist eine verschärfte Form des kindlichen und kindischen “Selber!”. Wenn ein Sechsjähriger einen anderen als Blödmann beschimpft (dieser Tage vermutlich eher Schlimmeres) und der dann schreit “selber Blödmann” ist das ja noch zu verstehen. Die müssen erst noch lernen ordentlich beleidigend zu sein. Schon mit 10 würde man ein höheres Niveau an Streitkultur erwarten. 

Im Lateinischen heisst diese infantile Technik tu quoque, also “Du auch”. Dabei klagt man den Beleidigenden der gleichen Sache an, die er/sie einem eben an den Kopf geworfen hat statt dass man den eigentlichen Inhalt der Anklage adressiert und ordentlich auseinandernimmt.  Es ist ein logischer Denkfehler, da die Aussage, dass der Angeklagte ein Blödmann ist richtig oder falsch sein kann aber komplett unabhängig davon ist, ob derjenige, der ihn ein Blödmann nennt, selbst einer ist. 

Whataboutism das Konzept des “Selber!” auf die Spitze getrieben

Whataboutism treibt das Konzept von “Selber!” noch eine Stufe weiter. Wie beim “Selber!” wird das Argument nicht widerlegt sondern einfach ein anderes Argument, das nichts it dem ersten zu tun hat, herausgezogen und als Gegenargument benützt. Kritik wird also dadurch abgeblockt indem man der anderen Seite irgendwas vorwirft, was als mindestens genauso schlimm oder schlimmer empfunden wird. 

Alle haben darauf gewartet oder es befürchtet und hier ist es, ein Beispiel aus der Ära Trump. Trump ist einer der schlimmsten Whataboutism Benützer und so gehört diese ungute Angewohnheit hier mittlerweile zum guten Ton. Beispiele gibt es hinreichend. Als Trump, z.B. nach den gewalttätigen rechten Demos in Charlottesville, bei denen eine Frau starb, nach den rechten Gewalttätern gefragt wurde war seine Antwort in Kurzversion “was ist mit den linken Gewalttätern? Über die redet keiner!” Mal davon abgesehen, dass es keine nennenswerte Anzahl an linken Gewalttätern gab, ist es erst einmal unerheblich, was die getan haben oder nicht getan haben, denn die Frage war “Was sagen Sie zu den rechten Gewalttäter? Rechte Gewalttaten werden nicht durch linke besser oder relativiert. Umgekehrt natürlich auch nicht. 

whataboutism

Hillary Clintons Emails sind immer für ein “was ist eigentlich mit ?” gut

Hillary Clinton ist immer ein beliebtes Opfer von Whataboutism. Da fragt man einen Republikaner nach den geheimen Treffen mit den Russen vor der Wahl und bekommt als Antwort “Was ist denn mit Hillary und dem Email Server?”. Oder man fragt “Wieso kann sich der Präsident im Amt bereichern und alle schauen weg?” und die Antwort ist “Findet erst mal die 30,000 Emails von Hillary.” Bill Clinton ist auch immer gut. Da fragt man z.B. einen dieser super-frömmelnden Evangelikalen, ob es nicht langsam an der Zeit wäre sich von einem Präsidenten loszusagen, der seine Frau mit einer Pornodarstellerin betrügt kurz nachdem sie ein Kind geboren hat, und bekommt als Antwort “Und was war mit Bill Clinton und Monica Lewinsky?” Tut nichts zur Sache, kann ich da nur sagen. 

Offensichtlich fallen viele Leute auf diesen Blödsinn rein. Ich jedenfalls werde, wenn mich mal wieder jemand fragt, warum ich so lange nichts geschrieben habe, nichts von “viel Arbeit” und “schreib den ganzen Tag, Fingern tun schon weh, Sehnenscheidenentzündung” oder dergleichen murmeln sondern einfach frech sagen “und wieso warst Du neulich eigentlich zu spät zur Besprechung?” (alle sind irgendwann zu spät zu einer Besprechung, das passt also fast immer).  

Mal sehen, ob es klappt.