SunnyvaleDa bin ich nun so ziemlich genau  9.388 Km von Konstanz entfernt und es stellt sich heraus, dass wir hier in Sunnyvale in vieler Hinsicht  die gleichen Probleme haben wie in Konstanz.  Andere Ursachen, aber die gleichen Probleme.

Ich hab ja schon oft geschrieben, wie teuer hier in Sunnyvale alles ist, vor allem die Nahrungsmittel, wenn man sie mit Deutschland vergleicht.  Was auch sauteuer ist sind Wohnungen und Häuser – mieten oder kaufen, beides ist geradezu abartig teuer.  Klingt das bekannt, liebe Konstanzer?

Sunnyvale und Konstanz: Kein Platz zum Wachsen

Sunnyvale ist gar nicht so gross, noch nicht mal 150.000 Leute leben hier.  Natürlich fällt einem das nicht so auf, weil direkt nebenan, eine Strasse weiter sozusagen, Cupertino anfängt und ein paar Strassen nach Süden ist dann Santa Clara und bis Los Altos und Mountain View im Norden ist auch nicht weit.  Man merkt nicht, wenn man von einer Stadt in die nächste kommt, so verwachsen sind sie.  Wie Konstanz und Kreuzlingen – wenn die Grenze nicht wäre. Diese Lage bedeutet natürlich auch: das mit dem Wachsen ist schwierig. Konstanz hat die Grenze zur Schweiz, den See und den Rhein, wir haben Cupertino, Santa Clara, Mountain View und Los Altos.  Wachsen bedeutet in Konstanz sowie in Sunnyvale also vor allem eins: Nachverdichtung.

Bevölkerungszuwachs
Sunnyvale

83 – eine Integrationsaufforderung: ein Zimmer für einen Flüchtling per 1000 Einwohner. Also 83.000. Bildquelle

Konstanz hat immer mehr Einwohner.  Bis vor Kurzem hab ich immer behauptet, dass so ca. 75.000 Menschen dort leben.  Jetzt weiss ich, dass es 83.000 sind.  Stand im Südkurier.

Nach Konstanz kommen Studenten und Rentner.  Ich hab das jetzt einfach mal so gesagt und dann gedacht: ‘hoppla, stimmt das denn überhaupt?’ und hab mich auf die Suche nach Daten gemacht.

Die Gruppe zwischen 18 und 35 = Studenten (u.a.) und über 65 Jahre wächst. Der Rest nicht.

Tatsächlich bin ich recht schnell fündig geworden, die Tabelle hier kommt aus einen Statistikbericht der Stadt Konstanz – und gibt mir recht.

Sunnyvale

Auch Sunnyvale wächst. Bildquelle

Auch Sunnyvale wächst, allerdings aus anderen Gründen: mehr Arbeitsplätze und damit mehr Leute, die hier wohnen wollen weil sie keine Lust haben morgens und abends Stunden im Auto zu verbringen.  Ein Bericht der Stadt Sunnyvale spricht von tausenden von Zuzügen über die nächsten paar Jahre. Wo sollen diese Leute wohnen? Und da die Situation in Cupertino, Santa Clara, etc auch nicht besser ist, werden nicht alle über die Stadtgrenzen hinaus Wohnungen finden.  Das heisst sie werden doch mit dem Auto anreisen müssen.

Nachverdichtung und mehr Verkehr

Die Lösung scheint in Konstanz wie in Sunnyvale in der Nachverdichtung gesucht zu werden.  Höhere Häuser, dichter, letzte freie Ecken bebauen.  Hier werden Läden dicht gemacht, denn man kann ja da, wo vorher der Parkplatz eines Supermarktes war, wunderbar mehrstöckig bauen und damit viel Geld machen.  Das führt natürlich dann dazu, dass Leute weiter fahren müssen, um einzukaufen was zusätzlich zum Berufsverkehr die Strassen noch weiter verstopft. Was den Konstanzern ihr Einkaufstourismus aus der Schweiz ist den Menschen hier (nicht nur in Sunnyvale) der Berufsverkehr und der Einkaufsverkehr (mal davon abgesehen, dass man her auch alles andere mit dem Auto machen muss, z.B. den Buben mit dem Auto zum Fechttraining fahren).

Dazu kommen so Dinge wie: wo sollen die Kinder dieser neuen Sunnyvale-Bewohner in die Schule gehen? Ist die Middleschool (Klassen 6 bis 8) mit 1.800 Kindern nicht schon gross genug? Zu gross eigentlich? Haben wir überhaupt genug Bandbreite für all die Handies und anderen elektronischen Geräte.  Schon jetzt muss ich Leute, die mich auf dem Handy anrufen oft auf dem Festnetz zurückrufen, weil die Verbindung so schlecht ist.  Das ist jetzt kein Scherz, mein Handy funktioniert praktisch nicht in unserem Haus. Haben wir genug Wasser und Rohre, um es in die Häuser zu bringen? Und so weiter.

Lösungen?

Lösungen sind nicht einfach, es gibt keine, die allen passt.  Eins ist aber klar, sowohl in Konstanz als auch in Sunnyvale wird seit vielen Jahren argumentiert, dass mehr gebaut werden muss, höher, dichter, enger.  Mehr Wohnraum soll die Mieten senken.  Und hat es geklappt?  Nee!  Weder hüben noch drüben hat die wilde Bauerei, die ewige Nachverdichterei, das Höher und Mehr für niedrigere Mieten/Kaufpreise gesorgt.  Die Preise sind hoch und steigen und so sehr man das bedauern kann und ändern möchte, dadurch, dass man die Lebensqualität der Leute, die schon dort leben verringert, indem man ihnen ein Hochhaus vor die Türe knallt oder sie zwingt weit zu fahren, weil die Läden plötzlich drei Städte weiter weg sind, reduziert man die Mieten nicht oder nicht wesentlich.  Vielleicht steigen sie kurzfristig weniger rapide.

Es ist doch so wie mit den Strassen: zu viel Verkehr, da muss eine neue Strasse her oder die alte verbreitert werden.  Wunderbar, gesagt, getan und ein paar 100 Million Dollar/Euro später ist da eine breitere Strasse und kurzfristig ist der Verkehr besser.  Kurzfristig, den plötzlich dauert der Wochenendtrip von – sagen wir mal Stuttgart an den Bodensee oder von Sunnyvale nach Tahoe  – nicht mehr so lange wie vorher.  Toll, denk ich mir, die ich seltenst nach Tahoe fahre, weil mir der Verkehr zu doof ist, jetzt kann ich ja wieder fahren, ist ja nicht mehr so schlimm.  Ausser mir denken das noch jede Menge und nach kurzer Zeit ist der Verkehr so schlimm wie vorher.

Ich hoffe, es erwartet keiner einen Lösungsvorschlag.  Ich hab nämlich keinen, aber was ich nach vielen Jahren der Beobachtung in Konstanz sowie in Sunnyvale weiss ist: mit Nachverdichtung und breiteren Strassen löst man das Problem auf Dauer nicht.

 

 

 

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